Editorial im Evangelischen Sonntagsblatt von Chefredakteur Martin Bek-Baier
So was gibt es selten. In diesem Jahr begehen wir den 4. Advent und Heiligabend am selben Tag. Warten und Ankunft werden so eines. „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“, singen wir in der Adventszeit und „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ an Weihnachten.
Und so stellen wir uns als Kirche das vor, wir öffnen am Heiligen Abend die Kirchentüren und Sie, das Volk, kommen in Scharen! Die jüngsten Umfragen die Religiosität in Deutschland betreffend, weisen aber eindeutig in eine andere Richtung. Immer mehr Menschen wenden sich von den Kirchen ab.
Man erwartete sich in biblischen Zeiten viel von einem König, viel vom Heiland, von Jesus Christus. Und was erwarten wir heute von ihm? Erwarten wir überhaupt noch etwas von Gott? Wenn sich der Heiland ankündigen würde, wer würde ihm die Tore öffnen?
Auf der Herbstsynode unserer Landeskirche, die in Amberg tagte, ging es vor allem ums Sparen. Die Menschen drehen in Massen den Kirchen den Rücken zu. Die Folge, die Kirche sieht sich gezwungen, Türen zu schließen. Das Wildbad Rothenburg, die Landvolkshochschule Hesselberg und das Haus Respiratio am Schwanberg stehen auf dem Prüfstand. Evangelische Tagungshäuser, die Angebote haben für Menschen, die Sinn im Leben suchen, Häuser, die manchem eine Tür zum Glauben oder zum Leben öffnen, könnten für immer die Türen schließen.
Machet die Tore weit! Hört man genauer hin, ändert sich das Bild: Da heißt es ja nicht „Hey, ihr Kirchenleute, macht die Tore weit, und lockt möglichst viele herein!“ Da heißt es „Hey, ihr Volk, ihr Christen, ihr Heiden, machet eure Türen und Tore weit.“ Es geht in erster Linie nicht um die Kirche als Institution. Wir sind als Christen, als einzelne Menschen aufgerufen uns zu öffnen. Ich als Christ bin angesprochen.
Ich kann nachvollziehen, dass es gerade in diesen schweren Zeiten manchem schwerfällt, die Herzenstüre so einfach zu öffnen. Vertrauen gehört dazu, wenn ich eine Türe öffne. Habe ich in meiner Beziehung zu Gott Enttäuschungen erlebt, ist Vertrauen verloren gegangen. Und doch ermuntern uns die Heilige Schrift mit der Weihnachtsgeschichte und Weihnachtsliedern wie „Weil Gott in tiefster Nacht erschienen, kann unsere Nacht nicht traurig sein“, unsere Herzenstüre zu öffnen. Ich wünsche uns, dass wir an Weihnachten Hoffnung, Mut und Kraft schöpfen und unsere Herzen öffnen!