Editorial im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern von Chefredakteurin Susanne Borée
„Steh auf und geh!“, diese Aufforderung Jesu an den Gelähmten am Teich Betesda (Joh 5, 8) gewinnt aktuell eine ganz neue Bedeutung für mich. Denn immer noch sorgt mein kranker Zeh dafür, dass ich nicht richtig auftreten darf und kann. Da bin ich inzwischen froh und dankbar, dass ich nun die Verse des kranken Fußes belasten darf. Auch so hinke ich natürlich immer noch arg, aber es geht voran!
So lerne ich weiterhin eine neue Achtsamkeit auch für die kleinen Dinge. Und es geschieht bei mir ein neues Nachdenken darüber, welche Wege gerade wirklich notwendig sind. Ich lerne zu unterscheiden, was sich auch aufschieben lässt oder gar überflüssig ist?
Der ehemalige Gelähmte von Betesda „nahm sein Bett und ging hin.“ Wohin, das wird nicht verraten. Schließlich hatte er keinen Menschen mehr, der ihm auch nur zur Heilung in den Teich half. Aber er nahm seine gesamte Lagerstatt mit. Dabei scheint überhaupt nicht mehr wichtig zu sein, wo er nun sein Zelt aufschlagen kann.
Wohin will ich überhaupt unterwegs sein? Auch eine Antwort auf diese Frage ist wichtig, bevor wir unser Leben wirklich in die eigenen Hände nehmen können. Vorher lohnt sich das Aufstehen nicht.
Der alte Spruch „Was man nicht im Kopf hat, muss in den Beinen haben“ lässt sich auch umkehren. Mit gesunden Füßen war es nicht so wichtig, auch einmal etwas zu vergessen – schließlich ließ es sich meist mit wenigen Schritten nachholen.
Wenn ich mit Krücken unterwegs bin, wird es nicht nur ein wenig ärgerlich, sondern sogar ganz schön mühsam, mich erneut auf den Weg zu machen. Also heißt es für mich, dass ich mich erst auf meine Pläne konzentrieren sollte, bevor ich meine Krücken in die Hand nehme.
Und worauf stütze ich mich sonst im Alltag? Sicher auf ein bestimmtes Bild von mir. Stimmt es denn? Und was bleibt, wenn es ins Wanken gerät? Immer wieder treibt mich die Frage um: Wie kann ich ein neuer Mensch werden? Können da vorherige Pläne überhaupt helfen oder ist es nicht besser, sich zu neuen Ufern treiben zu lassen und dort eine gute Lagerstatt zu finden?
Und: In wie weit will ich mich überhaupt verändern? Oder ist es nicht einfacher, mit seinen Krücken unterwegs zu sein, als wieder einen guten Bewegungsrhythmus zu finden? Kann uns da die Osterzeit helfen?