Schwungvolle Erinnerungen

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Editorial von Susanne Borée, Redakteurin und Chefin vom Dienst beim Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Editorial im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

„Go down, Moses“, bewegte die Seelen. Einmal als Gospel in schwungvollem Gesang. Und eine knappe Woche später interpretiert von einem Bläser-Ensemble. Mächtig hallte es an beiden Tagen in der Rothenburger Franziskanerkirche und in den Herzen wider. 

Endlich wieder! So könnte ich jetzt schreiben. Auch die „Ambassadors of Music“ sind wieder da: Schwungvolle Gospelsongs oder leise lateinische Choräle, populäre klassische Stücke aber auch Melodien von bekannten Filmtiteln erschallen bis Ende Juli auf dem glühenden Rothenburger Marktplatz und danach in der Franziskanerkirche. Auch da lohnt es sich, früh zu kommen, um noch einen der Sitzplätze zu bekommen – auch wenn die Bänke nicht bequemer geworden sind.

Die jugendlichen Sängerinnen und Sänger sowie die Musizierenden gehen meist noch in Highschools. Sie treten als Sieger ihrer jeweiligen Bundesstaaten die Reise ins alte Europa an. Zwischen London, Paris und Wien kommen sie dann auf ihrer Reise im Juni und Juli auch traditionell nach Rothenburg ob der Tauber. 

Und jedes Mal bieten sie eine Überraschung: Im Programm steht immer nur der Name des Bundesstaates, aus dem sie kommen: Oklahoma, Wisconsin oder Utah. Kein Hinweis auf das jeweilige Repertoire oder sonstige Schwerpunkte. Ist es stiller oder beschwingt?  

Doch die Erinnerung weiß stabil: In mindestens 98 Prozent aller Fälle sind die Konzerte erhebend. Ich kann mich nur an einen einzigen Fall aus all den Vor-Corona-Jahren erinnern, bei dem mir die Aufführung nicht gefiel.

Nun genug des Werbeblocks (den die Ambassadors gar nicht nötig haben): Nach drei Jahren Pause sind sie also wieder da – und versetzen die Zuhörerschaft in eine vergangene, anscheinend so krisenfreie Epoche. 

Auch sonst kommen beim Lauschen der Musik Erinnerungen hoch: Als ich sie das letzte Mal vor vier Jahren erlebte, stand ich noch an ganz anderen Stationen meines Lebens. Trotz Inflation und Home-Office – so viel hat sich inzwischen getan, was ich gar nicht mehr in meinem Leben missen möchte. Manches hat sich sogar dauerhaft geändert.

Wenn ich jetzt zu dieser Musik zurückkehre, dann in neuer Weise befreit von alten Gewohnheiten, die ich vor dem Atemholen dieser Pause als allzu unbedingt empfand.