Tuten und tauchen, trommeln und tanzen

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Äthiopische Christen feierten die Geburt Christi in Vor-Corona-Zeiten in Bethlehem. Athener tauchen am 6. Januar nach einem Kreuz. Fotos: pa
Äthiopische Christen feierten die Geburt Christi in Vor-Corona-Zeiten in Bethlehem. Athener tauchen am 6. Januar nach einem Kreuz. Fotos: pa

Wie griechisch-orthodoxe und äthiopische Christen auch in Bayern Weihnachten begehen

Zur Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Bayern  gehören 19 Mitgliedskirchen. Neben der römisch-katholischen Kirche und der Evangelisch-lutherischen Kirche sind dies in Bayern zahlreiche kleinere Kirchen wie etwa die evangelisch-methodistische Kirche oder die evangelisch-freikirchlichen Gemeinden (Baptisten). Darüber hinaus beteiligen sich drei Kirchen als Gäste sowie drei ökumenische Organisationen. Aber auch mehrere orthodoxe und orientalische Gemeinschaften sind in der Arbeitsgemeinschaft vertreten. Wie feiern sie das Christfest – traditionell und in Corona-Zeiten? Hier eine gedankliche Reise mit einem griechisch-orthodoxen Theologen und einem Priester der äthiopisch-orthodoxen Kirche zu den östlichen Traditionen:

Von einer langen Reise kommt er über das Meer. Der Heilige Vassilios – „bei uns gleichzeitig Nikolaus und Weihnachtsmann“, so Georgios Vlantis, erreicht die griechisch-orthodoxen Gläubigen erst zum 1. Januar. Der Diplomtheologe ist Geschäftsführer der ACK in Bayern. Der erste orthodoxe, dem dieses Amt anvertraut wurde. Er ist Mitglied der griechisch-orthodoxen Kirche, die in Deutschland um die 500.000 Mitglieder hat. Zu Neujahr feiert seine Kirche die Beschneidung des Herrn. 

Das Meer bestimmt das Leben in Griechenland zur Fortbewegung in besonderem Maße. Als weihnachtlicher Schmuck wurden früher kleine Schiffe gebastelt und beleuchtet – bevor der Weihnachtsbaum sie verdrängte. 

Vassilios, bekannt auch als Basileus der Große, stammt aus dem 4. Jahrhundert. Bei weiteren Recherchen findet sich folgende Legende über ihn: Der Bischof baute Heime für Kranke, Waisenkinder und Ältere. Als das Land die hohe Steuerlast nicht aufbringen konnte, bat Vassilios die Reichen des Landes, den Anteil der Armen an der Steuersumme zu spenden. Das war sogar erfolgreich. Und der zuständige Beamte davon derart gerührt, dass er auf die Erhebung der Steuer verzichtete.

Nun hatte der Bischof aber keine Ahnung mehr, von wem welches Schmuckstück oder welche Geldsumme stammte. So ließ er Kuchen backen und in jeden davon Münzen oder Schmuck verstecken. Das Gebäck verteilte er unter den Spendern – und oh Wunder – jeder erhielt seine eigene Gabe wieder zurück. 

So findet die richtige Bescherung erst zu Neujahr statt, erklärt Georgios Vlantis weiter. Zum Jahreswechsel gibt es den Neujahrskuchen Vassilopita. Auch dort ist jeweils eine Münze eingebacken. Wer sie in seinem Stück findet, kann auf viel Glück im neuen Jahr hoffen. 

Am Morgen des 31. Dezembers machten sich bereits die Kinder auf den Weg: Sie ziehen singend von Haus zu Haus, um die Ankunft des neuen Jahres zu verkünden. Triangeln und Glocken begleiten sie, berichtet Georgios Vlantis. Sie werden dafür mit Süßigkeiten oder Geld belohnt. Dann überbringen die Kinder ihre Segenswünsche für die Hausbewohner. Ursprünglich diente dies der Wohltätigkeit und Bescherung der Armen.

Fasten zu Heiligabend

Dieser Gesang der Kinder verbindet den Jahreswechsel mit Heiligabend. Am 24. Dezember ist noch Fastenzeit in Griechenland: Trotzdem machen sich an diesem Tag die Kinder auf, um mit ihren Weihnachtsliedern, den Kalanda, von Haus zu Haus zu ziehen und die Geburt Christi anzukündigen. 

Am frühen Morgen des 25. Dezember geht die ganze Familie zur Kirche. Traditionell beginnt er noch mitten in der Nacht, um 5 Uhr.  In den Diaspora-Ländern sei man aber flexibler, räumt Vlantis ein. Schließlich sollten alle Gemeindemitglieder die Möglichkeit haben, daran teilzunehmen – selbst, wenn sie weit verstreut sind. Danach finden sich Familie und Verwandte zum gemeinsamen Festmahl zusammen: Endlich ist die Fastenzeit vorbei. 

Einen Höhepunkt in diesen Tagen bildet das Theophaniefest (Epiphanias) am 6. Januar, wo der Taufe Christi besonders gedacht wird. Die Gotteserscheinung und die Taufe Christi fallen da in der griechisch-orthodoxen Kirche zusammen. In Griechenland vor der Pandemie wandert die Gemeinde nach der Liturgie zur Weihe der örtlichen Gewässer. Der Priester wirft ein Kreuz ins Wasser, dem dann junge Männer nachtauchen. Wer das Kreuz heraufholt, erscheint als besonders gesegnet. 

Auch in München hätten die Männer der Gemeinde bereits in der Isar ein Kreuz gesucht: Das war zwar nicht tief, aber kalt – so Vlantis. Dazu läuten in griechischen Orten sämtliche Glocken. Die Schiffe als alltägliches Fortbewegungsmittel an der Küste tuten mit Pfeifen und Nebelhörnern. 

Fest mit Trommeln

Nicht gerade besinnlich geht es auch bei vielen Familienfeiern der äthiopischen Kirche zu: Tänze und Trommeln begleiten das weihnachtliche Festmahl am 7. Januar. Auch bei ihr beginnt der Weihnachtsgottesdienst am Abend des 6. Januar und dauert die gesamte Nacht, erklärt Priester Dawit Kefyalev: Er betreut seit 18 Jahren die Gemeinde in Nürnberg – also für die gesamte Region zwischen Bamberg und Lauf. Er studierte in Äthiopien sowie in Eichstätt. Vor 30 Jahren flohen viele Äthiopier vor Krieg und Hunger.

Es ist eine lange Nacht, in der die Ankunft Jesu erwartet wird. Gesänge wechseln mit Lesung und Predigt ab. Dabei ist die Zahl der Menschen, die die Gottesdienste besuchen, in diesen Corona-Zeiten auf 50 begrenzt. Kefyalev bittet seine Gläubigen in der Vorweihnachtszeit, möglichst nicht jeden Sonntag zu kommen, sondern sich abzuwechseln. „Nur ich bin jedes Mal dabei.“

Ähnlich geht es bei der eritreischen Kirche zu, wie Mosazgy Hagos erzählt. Der Bayreuther berichtet: „Wir feiern die ganze Nacht vor dem 7. Januar – ganz ohne Kaffee.“ Erst danach gäbe es das Festmahl – und einen Weihnachtsbaum.

„Tewahedo“ nennen sich beide Kirchen: Damit beziehen sie sich auf die Einheit der göttlichen und der menschlichen Natur Christi. Die eritreische Kirche spaltete sich in den 1930er Jahren auf Druck der italienischen Kolonialherren und erneut 1993 nach der Unabhängigkeit Eritreas von ihr ab. 

„An sich tragen wir in jedem Gottesdienst weiße Gewänder“, so Kefyalev. Zwar kommen gerade die Männer zu vielen Gottesdiensten eher im Anzug, doch zu Weihnachten gewännen diese eigenen Traditionen Raum. Da sind die Kirchen unterwegs zwischen alten Überlieferungen, den Bräuchen ihrer Umgebung – und den Herausforderungen Coronas wie wir alle.

=> Mehr zur Ökumenischen Datierung des Weihnachtsfestes

=> Mehr Ökumene-Infos unter https://www.ack-bayern.de