Tat der Barmherzigkeit

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Martin Bek-Baier
Chefredakteur Martin Bek-Baier, Hintergrundbild von Pixabay

Als Kinder haben wir uns über die Priester und frommen Männer gewundert, die den schwer verletzten Mann mit seinen Wunden einfach liegen ließen und „eilends vorbeiliefen“. Der barmherzige Samariter hingegen tat, was getan werden musste und kümmerte sich um den Überfallenen. Wir dachten: „Das ist doch selbst verständlich.“

Ob die, die sich nun darüber empören, dass die Evangelische Kirche Deutschlands (EKD) mithilft, Menschenleben im Mittelmeer zu retten, als Kinder auch so dachten? Jetzt denken sie offensichtlich so wie die Männer, die eilends vorbeiliefen. Nur nicht hinsehen!

„Es ist eine ungewöhnliche Aktion. Aber ich glaube schon, dass sie sehr viel zu tun hat auch mit dem christlichen Glauben“, sagte der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der in Kiel das Schiff „Sea-Watch 4“ segnete.

Im Zentrum der Gebote stehe das Doppelgebot der Liebe: Gott lieben und den Nächsten lieben, betonte der Bischof. „Und wenn Menschen einfach in Lebensgefahr sind, wenn Menschen ertrinken, ganz unmittelbar ihr Leben gefährdet ist, dass wir dann helfen müssen, das ist eine Grundintuition, die fast alle Menschen haben.“ Immer wieder müsse er diese Aktion der Kirche verteidigen, sagt er dem Rohenburger Sonntagsblatt. „Wenn es so ist, dass die staatliche Seenot-Rettung schlicht eingestellt worden ist und niemand da ist, der diese Menschen rettet, dann muss man die zivile Seenot-Rettung unterstützen. Und genau das tun wir.“

Er gehe davon aus, dass das Schiff nach den Umbauarbeiten etwa an Ostern auslaufen kann, sagte der EKD-Ratsvorsitzende. „Und das ist auch ein gutes Symbol, wenn wir Ostern die Auferstehung Jesu Christi feiern.“

Meistens ist der Kinderglaube, den wir haben, so falsch gar nicht gewesen. Er geht den richtigen Impulsen nach, die das Evangelium klar übermittelt. Was soll falsch daran sein Menschen vor dem Ertrinken zu retten? Oder im Umkehrschluss anders gefragt: Was soll richtig daran sein, Menschen ertrinken zu lassen? Im Übrigen war das keine alleinige Idee der EKD oder des Bischofs. Die Ini­tiative für das Rettungsschiff entstand durch tausende von Stimmen auf dem Evangelischen Kirchentag 2019. Also haben doch sehr viele Menschen die Botschaft des Barmherzigen Samariters verstanden!