Zuversicht inmitten der Krise

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Editorial von Martin Ben-Baier, Chefredakteur des Evangelischen Sonntagsblattes aus Bayern

Editorial von Chefredakteur Martin Bek-Baier über Lebensmut

„Geh aus mein Herz und suche Freud, in dieser lieben Sommerzeit“, war schon als Kind eines meiner Lieblingslieder, die in den Gottesdiensten gesungen wurden. Ganz sicher, weil von einer guten und idyllischen Welt gesungen wird, die Gärten sind voller Blütenpracht, die Lerche schwingt sich in die Luft, die Bäume strotzen vor Gesundheit, der Weizen wächst. Und wenn man in diesen Wochen hinaus geht, durch Gärten, Felder und Wälder spaziert, geht einem dabei nicht das Herz auf? Der Sommer ist einfach herrlich!

„Wie kann man in dieser Zeit so optimistisch und mit rosa Brille durch die Welt gehen?“, hat neulich eine Bekannte gesagt. Krieg in der Ukraine, Menschen sterben oder sind auf der Flucht. Die Inflation treibt die Preise in die Höhe, viele Menschen müssen sich Sorgen machen, wie sie das durchstehen. Durch den fehlenden Weizen  aus der Ukraine steigt der Hunger in der Welt rapide an. Dazu kommen Katastrophen und Amokläufe. Wo soll da das Herz Freud finden? Kann man jetzt dieses Lied unbeschwert singen? Ist das nicht naiv?

Könnte man meinen – wenn dieses Lied nicht als ein Loblied auf Gott, den Schöpfer, gedacht gewesen wäre, mitten in einer von Krieg beherrschten Zeit. Paul Gerhardt, der evangelisch-lutherische Theologe und Liederdichter lebte zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges und in den Jahren danach, einer Zeit der Entbehrung und Krankheiten. Er persönlich hatte schmerzliche Verluste zu beklagen, vier seiner Kinder und seine Frau verstarben vor ihm. 

Und doch hört er nie auf, Gott zu loben. Er sieht mitten im Leid auch Gottes Wirken und dessen Schöpferkraft. Seine Lieder sagen, schaut hin, dort seht ihr Gottes Macht. Ja, es gibt Leid in der Welt, und das nicht wenig. Aber Gott schenkt auch die Freude. Gerhardt macht mit seinen Liedern den Menschen Mut. Er will ihnen die Augen für Gott öffnen, Kraft geben und die Möglichkeit Gott trotz allem zu danken. Und, so schließt er sein Lied, mit einem Ausblick, wie herrlich muss es im Jenseits sein: „Welch hohe Lust, welch heller Schein, wird wohl in Christi Garten sein!“

Das ist keine Vertröstung. Das ist ehrlich empfundener Glaube eines lebenserfahrenen Mannes. Ja, Leid und Unrecht sind in der Welt. Aber es ist alles andere als naiv, wenn ich mir im Gottesdienst und in Gottes Natur Kraft, Mut und Trost schenken lasse.