Zerbrechliches Südseeparadies

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Die Künstlerin Juliette Pita hat das Bild zum Weltgebetstag gemalt. Foto: Heine (Weltgebetstag)
Die Künstlerin Juliette Pita hat das Bild zum Weltgebetstag gemalt. Foto: Heine (Weltgebetstag)

Den Weltgebetstag hat in diesem Jahr das kleine Pazifik-Archipel Vanuatu vorbereitet

Ach, du meine Güte! So der erste Stoßseufzer beim ersten Blick auf das Land, aus dem die Liturgie zum Weltgebetstag der Frauen in diesem Jahr kommt. Wer hat denn schon den Namen „Vanuatu“ gehört?

„Vanu – was?!“, so dachte auch Katja Dorothea Buck in ihrer Einleitung eines schmalen, aber gehaltvollen Büchleins zu diesem Land, das zur Kolonialzeit Neue Hebriden hieß. Die Journalistin reiste bereits vor einem Jahr dorthin um den halben Weltball. Zum Glück!

Denn sie schaffte es gerade noch, vor dem Lockdown im März 2020 mit einem der letzten Flugzeuge nach Deutschland zurückzukehren. Das Land schottete sich schnell und komplett nach außen ab. 

Doch Infektionskrankheiten fast zugrunde gegangen

Dazu genügte es, den Flughafen und einige überregionale Häfen zu schließen. Und das, obwohl das Land weitgehend vom Tourismus lebt. Aber unvergessen waren die Erinnerungen an die Infektionen, denen die Insulaner Anfang des 20. Jahrhunderts hilflos gegenüberstand. Da sank die Bevölkerungszahl auf 45.000 im Jahr 1935. Heute sind es fast 300.000, davon ein Drittel Kinder unter 14 Jahren. 

Das Archipel liegt gut 2.000 Kilometer östlich von Australien oder etwa ebenso weit nördlich von Neuseeland. Ansonsten mitten im Nirgenwo der Wasserwüste. Dort suchte Katja Dorothea Buck etwa die Künstlerin Juliette Pita. Auf einem ihrer Bilder beugt sich eine Mutter über ihr Kind, um es vor dem Zyklon Pam zu schützen. Mitte März 2015 wütete er in Vanuatu. Er zerstörte allein in der Hauptstadt Port Vila 90 Prozent aller Gebäude. Auf den anderen Inseln hinterließ er ebenso eine Schneise der Verwüstung. Diese Katastrophen häufen sich durch die Klima-Erwärmung. 

Künstlerin Juliette Pita malt unter einfachsten Bedingungen

Auch wenn Juliette Pita damit Spuren im weltweiten Netz hinterlassen hatte, so war sie in der Realität gar nicht so einfach sie zu finden. Buck berichtet, wie sie über mehrere Stationen die Malerin endlich fand. Das gewünschte Bild hatte sie bereits verkauft, konnte es aber noch einmal nachmalen. Und dies unter einfachsten Bedingungen auf einem Holzbrett in einem stickigen Raum, der nachts als Schlafraum dient. 

Nach dem Zyklon hatte sie keine Hilfe bekommen. Denn sie war zu dieser Zeit bereits Witwe und nur ihr Mann hätte dies als Haushaltsvorstand einfordern können.

Überhaupt ist die Situation der Frauen auf diesen Südseeinseln alles andere als paradiesisch. Allzu oft sind sie von häuslicher Gewalt betroffen. Sie müssen im Zweifel die Familie ernähren, während die Männer über die Familien entscheiden können. Auf den „Mama-Märkten“ versuchen sie mit dem Verkauf von Obst oder Kleidung Geld für den Haushalt oder die Schulbildung der Kinder zu verdienen.

Dennoch tragen sie das religiöse Leben überall im Land. Dabei ist die Inselwelt konfessionell zerspalten. Knapp ein Drittel Bevölkerung gehört der presbyterianischen Kirche an. Je 13 Prozent sind katholisch oder anglikanisch. Daneben gibt es noch mehrere christliche Konfessionen oder Naturkulte. 

Sprachlich ist das Land noch mehr zersplittert. Untereinander verständigen sich die Menschen von verschiedenen Inseln traditionell  durch rituelle Sandzeichnungen. 2003 hat die UNESCO dies als Kul-turerbe der Menschheit anerkannt. Im Vorfeld der Unabhängigkeit entstand Bislama, einer Mischsprache mit englischen und französischen Einschlägen. Oder sie sprechen miteinander gleich auf Englisch oder in geringerem Maße auf Französisch. Beide Länder teilten sich dort die Kolonialherrschaft bis 1980. 

Sprachlich und konfessionell zersplittert

108 Sprachen zählt die Südpazifische Bibelgesellschaft in Vanuatus Hauptstadt Port Vila. In 16 von ihnen sind zumindest die vier Evangelien bereits übersetzt. Oft haben Seelsorgende einer Gemeinde sich neben ihrer Alltags-Arbeit darum gekümmert. So auch der Vater von Annie Gaviga Beru, die Katja Dorothea Buck im Büro der Bibelgesellschaft kennenlernt. Das Lebenswerk des Pastors bestand in der Übersetzung der gesamten Bibel in Hano. Diese Sprache benutzen noch rund 5.000 Menschen. Damit gilt diese Sprachgemeinschaft für Vanuatu-Verhältnisse fast als „riesig“. 

Unerwartete Einsichten und Erlebnisse begleiten die Reise Bucks, wie sie anschaulich schildert. Obwohl sie Kontakte mit vielen Gesprächspartnern natürlich schon digital von Deutschland aus knüpte, waren viele vor Ort nur zögerlich zu erreichen. Wenn ein Computer kaputt geht, muss auch der Präsident des nationalen Kirchenrats improvisieren. Für eine uns selbstverständliche ökumenische Arbeit ist kein Geld mehr da. Er schien ebenso das Beharrungsvermögen seiner weitgereiste Gesprächspartnerin zu testen. 

Ohnehin scheint es eine der größten Herausforderungen zu sein, Kontakt zu halten. Vanuatu ist ein lang gestrecktes Archipel von 83 Inseln, die sich an einer Kette von 1.300 Kilometern aufreihen. Das ist die gleiche Strecke wie eine Diagonale durch Deutschland von Helgoland bis Garmisch-Partenkirchen. Die Landfläche würde jedoch 30 Mal in Deutschland hineinpassen. Sie verliert sich im Wasser. 

Wenige Wochen nach Bucks Rückkehr nach Deutschland verwüstete mitten in der Corona-Zeit der Zyklon Harold erneut die Inselwelt.  So bedroht der Klimawandel die Südsee. Die Menschen mussten in Evakuierungszentren Schutz suchen. Zum Glück breitete sich dort Corona nicht aus – bis zum Herbst 2020 blieben die Inseln verschont. Neuere Daten dazu ließen sich leider nicht in Erfahrung bringen

Und nun, lässt sich nun der Weltgebetstag überhaupt „richtig“ feiern? Sicher nicht in der gewohnten Form mit einem gemeinsamen Essen und intensiven Austausch nach dem Gottesdienst. Er wird ja am ersten Freitag im März abends gefeiert. Der Fernsehsender Bibel TV überträgt am Freitag, den 5. März, um 19 Uhr einen Gottesdienst zum Weltgebetstag (Mehr unter https://www.bibeltv.de/empfang). 

Gleichzeitig zeigt das Weltgebets-Komitee den Gottesdienst online unter www.weltgebetstag.de oder dem entsprechenden YouTube-Kanal. Er wird auch auf vielen anderen Web- und Facebookseiten geteilt. Einige Gemeinden wollen auch eigene Video-Gottesdienste veröffentlichen. Gemeinden können sich verabreden, gleichzeitig einen Gottesdienst anzusehen, sich dann digital auszutauschen. Und zu beten. Oder Ideen zu sammeln für ein klimagerechtes Verhalten bei uns.

Mit so genannten „Disaster- Food-Paketen“, Notfall-Essens-Paketen, trotzt die Bevölkerung Vanuatus den Wirbelstürmen. Lässt sich so etwas auch hier in Gemeinden verteilen mit Informationen und persönlichen Zeilen, um sich Mut zuzusprechen? Susanne Borée

Buchtipp: Katja Dorothea Buck: Vanuatu. Kleines Land im großen Meer, Missionshilfe Verlag 2020, 176 Seiten, 9,80 Euro, ISBN 978-3-946426-21-9.

=> Mehr unter https://www.weltgebetstag.de