Wie es Gott gefällt

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Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt zu Jesaja 58, 1–9 a

Ihr sollt nicht so fasten, wie ihr jetzt tut, wenn eure Stimme in der Höhe gehört werden soll. Ist nicht das ein Fasten, an dem ich Gefallen habe: Lass los, die du mit Unrecht gebunden hast, lass ledig, auf die du das Joch gelegt hast! Gib frei, die du bedrückst, reiß jedes Joch weg! Heißt das nicht: Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut! 

Wir sehnen uns nach Freiheit. Wir sehnen uns danach, das Joch der Pandemie endlich abstreifen zu können. Wir sehnen uns nach einem Neuanfang mit den gewohnten Lebensmöglichkeiten.    

Den Israeliten damals war die Freiheit neu geschenkt worden. Das Joch der Verbannung durften sie abstreifen. Die Unterdrückung der eigenen Lebensmöglichkeiten hatte ein Ende. Vorbei die Zeiten, da sie an den Wassern Babels saßen und weinten, wenn sie an Jerusalem dachten. Sie waren zurück und Neuanfang und Wiederaufbau konnten beginnen. Groß waren die Hoffnungen auf die Heilung der alten Wunden. Bald sollte wieder alles in neuem Glanz erstrahlen.

Aber so groß die Erwartungen auch waren, die blühenden Landschaften wollten sich einfach nicht einstellen. Die Lebensbedingungen sind hart, es gibt sozialen Unfrieden und dann stagniert auch noch der Wiederaufbau des Tempels.

Mit Gott will man es sich nicht verscherzen. Also muss es bei diesem Neuanfang noch frommer zugehen. Strengeres Fasten und intensivere Buße müssten Gott doch gnädig stimmen. Aber auch das hilft nichts, im Gegenteil. Nun machen sie sich nicht mehr nur gegenseitig das Leben schwer, nun fühlen sich die Wortführer auch noch von ihrem Gott verraten. 

Und der schickt seinen Propheten, um seinen Ärger hinaus zu posaunen. Um seinem Volk den Kopf zu waschen und den Spiegel vorzuhalten. Um das fromme Gejammer nicht länger ertragen zu müssen: Warum fasten wir und du siehst es nicht an?

Woher Gottes Güte kommt

Die Antwort darauf gibt ihnen der Prophet: „Gottes Güte lässt sich nicht mit Ritualen erkaufen, die einen Nutzen haben sollen, aber den Nächsten und dessen Lebensmöglichkeiten außer Acht lassen. Seine Freiheit hat Gott Allen geschenkt. Setzt kein neues Joch an die Stelle des alten!“  

Doch der Prophet hat nicht nur Schelte parat, er zeigt auch einen gangbaren Weg auf. Den Weg der Gottesliebe durch die Menschenliebe: Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut! 

Nur wer das Brot bricht, braucht überhaupt Brot zu fasten. Glaube hat immer auch eine soziale Dimension. Das gilt gerade in Krisenzeiten. Auch dann, wenn sich nach der Pandemie nicht gleich für Alle blühende Landschaften einstellen. 

Die untrennbare Verbindung von Gottes-, Nächsten- und Eigenliebe wird später auch die Botschaft von Jesus Christus sein. In ihm und durch ihn wird uns noch einmal ganz neu bewusst, was der Prophet verheißt: Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird schnell voranschreiten, und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des HERRN wird deinen Zug beschließen. Dann wirst du rufen und der HERR wird dir antworten. Wenn du schreist, wird er sagen: Siehe, hier bin ich.

Pfarrer Dr. André Fischer, Grafenwöhr

Lied 412: So jemand spricht: Ich liebe Gott