Das „Extra“ für junge Menschen

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Jugendkirche LUX in Nuernberg
Gottesdienst mit Musik und Ligthshow in der Jugendkirche LUX in Nuernberg. Foto: Eid/F

Studie der evangelischen Kirche zu den sechs Jugendkirchen in Bayern wurde vorgestellt

Ich durfte in der Jugendkirche im Glauben und in meiner Persönlichkeit wachsen“, lautet eine Aussage zu den bayerischen evangelischen Jugendkirchen. Das dürfte die Auftraggeber einer Studie freuen, die nun vorgestellt wurde. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern (ELKB) wollte wissen: Was bewirken die Jugendkirchen bei den jungen Menschen, die sie besuchen? „Ich finde es toll, wie ihr mit euren Jugendlichen umgeht, ohne den Glauben aufzuzwingen, aber die Werte zu leben“, sagte ein anderer Jugendlicher. 

Um Klarheit über die Arbeit, die Mitarbeitenden, die Besuche und die Ausstrahlkraft der Jugendkirchen zu bekommen, wurde eine Studie beim Institut für Praxisforschung und Evaluation an der Evangelischen Hochschule in Nürnberg in Auftrag gegeben. Dr. Karl-Hermann Rechberg hatte sie erstellt und sie nun in der Nürnberger Jugendkirche LUX vor Verantwortlichen und Vertretern der Jugendkirchen und der Evangelischen Jugend erläutert.

Der bayerische Jugendpfarrer Tobias Fritsche erinnerte zunächst an die Anfänge: Seit 15 Jahren gibt es in Bayern sogenannte Jugendkirchen. Die erste war die „Nikolai Youth Church – NYC“ in Neuendettelsau. SIe wurde aus der örtlichen Arbeit in Eigen-Initiative gegründet, genau wie „Das Loch“ in Hof und „Das Rocksofa“ in Rentweinsdorf. Es folgten mit Unterstützung der ELKB die drei Jugendkirchen „LUX – Junge Kirche“ in Nürnberg, die „Jugendkirche der Evangelischen Jugend München“ und „luv – Junge Kirche“ in Lindau. 

Rechberg, Leiter des Instituts für Praxisforschung und Evaluation hat hierfür 477 Fragebögen ausgewertet, die vorwiegend online, teils aber auch in gedruckter Form den Besuchern der sechs Jugendkirchen vorgelegt wurden. Zur Altersverteilung ergab sich folgendes Bild: Die meisten ehrenamtlich Mitarbeitenden der Jugendkirchen sind zwischen 14 und 21 Jahre alt, das klassische jugendliche Alter. Ein beträchtlicher Teil der Mitarbeitenden ist allerdings zwischen 22 und 30 Jahre alt. Die älteste befragte Person ist 78 Jahre alt. Eine Überraschung ergab sich in der Altersverteilung der Besuchenden: Die Gruppe der 14 bis 16-Jährigen ist überdurchschnittlich vertreten, aber nahezu genauso hoch ist der Anteil der über 41-Jährigen mit 28 Prozent. Das resultiert, so die Vermutung, aus dem Bedürfnis nach Teilhabe und anderen Formen von Kirche und Gottesdienst in dieser Gruppe.

Scheinbar müssen sich die Kirche und vor allem die Jugendkirchen innerhalb der Landeskirche immer wieder kritischen Fragen stellen. So räumte Rechberg mit dem Vorurteil auf, dass Jugendkirchen den Ortsgemeinden die Jugendlichen abspenstig machen würden. Lediglich 13 Prozent der befragten Mitarbeitenden  gab an, dass sie in ihrer Jugendkirche eine neue Gemeinde als Alternative gefunden hätten.

Positives Bild von Kirche

Wie wirken sich die Jugendkirchen auf das Bild von Kirche und die Einstellung zur Kirche aus? Knapp 60 Prozent aller Besucher und gar über 72 Prozent aller Mitarbeitenden geben an, dass sich die Einstellung zur Kirche positiv verändert habe. Jugendkirche sei für sie Teil der Kirche, ja sogar Gemeinde. Bei dem verbliebenen Drittel, beziehungsweise Viertel, gaben die meisten an, dass ihre sowieso vorhandene positive Grundeinstellung zur Kirche bestärkt worden sei. Eine andere Kritik betrifft die Bildung.  Besucherinnen und Besucher seien vor allem Gymnasiasten. Doch die Studie zeigt auf, dass von den 50 Prozent Schülern rund 45 Prozent auf Mittel- und Realschüler entfallen. Gymnasiasten seien es ebenfalls soviele, der Rest habe keinen Schulabschluss.

Manche Kritiker glauben gar, dass es sich bei den Jugendkirchen nicht wirklich um solche handelt – nämlich Kirchen für Jugendliche. Sie befürchten, sie seien lediglich eine erweiterte Form der Konfirmandenarbeit. Und tatsächlich berichten die Jugendkirchenhauptamtlichen von Konfi-Gottesdiensten mit etwa 700 Konfirmandinnen und Konfirmanden, wie etwa in LUX. Aber das ist eben nur ein Segment der Arbeit. Auch hier  kann die Studie zuverlässig Auskunft geben: Lediglich rund sechs Prozent der Besucherinnen und Besucher sind zwischen elf und vierzehn Jahre alt – also im Konfirmandenalter. Rechberg: „Die Jugendkirchen sind nicht von Konfirmanden geprägt. Aber ein Drittel ihrer Mitarbeitenden und Besucher kamen durch einen Besuch mit ihrer Konfirmandengruppe zur Jugendkirche.“

Auch die Annahme, dass es vor allem Events und Partys seien, die locken würden, bewahrheitet sich nicht. Unter den Mitarbeitenden gaben 43 Prozent an, dass die Gemeinschaft und 27 Prozent dass es persönliche Beziehungen zu anderen Mitarbeitenden sind, die für sie das Wichtigste seien. Auch unter den Besuchern waren das die wichtigsten Gründe. Gespräche über Glaubensfragen stehen bei beiden Gruppen oben auf der Liste der Erfahrungen mit ihrer Jugendkirche.

Wesentlich ist allen Beteiligten, dass man das Programm und die Inhalte selbst gestalten kann und somit eine große Teilhabe am Geschehen herrscht. Hier bestimmen vor allem die jungen Menschen selbst – die Hauptamtlichen stehen unterstützend zur Seite. So kommt es zu besonders hoher Zustimmung der Befragten zu der Aussage „Die Jugendkirche ist ‚extra‘ für junge Leute!“

Offen für junge Menschen

Als Fazit der Studie hob Rechberg hervor, dass die Besonderheit der Jugendkirchen ist, dass sie eine Kirche „extra für junge Menschen“ sind. Darauf legten besonders viele Befragte Wert. Auch die Offenheit  ist Programm: Jugendliche und junge Erwachsene könnten sich in besonderer Weise beteiligen und die Inhalte bestimmen. Die Jugendkirchen spielten so eine besondere Rolle am Übergang junger Menschen in die Welt der Erwachsenen, so Rechberg. Die Befragten fanden nahezu durch die Bank, dass die Jugendkirchen ihren Glauben stärken, durch die gelebte Gemeinschaft, Gespräche über den Glauben und die dazu angebotenen Veranstaltungen. Ebenso gedeihe das soziale Miteinander durch Erfahrungen mit gutem gegenseitigem Umgang. Insgesamt tragen die Jugendkirchen zu einem positiven Bild von Kirche bei den jungen Menschen bei. 

An die Gemeinden appellierte Rechberg, verstärkt ihre Konfirmandengruppen zu den Angeboten der Jugendkirchen zu bringen. Die Mitarbeitenden der Jugendkirchen ermutigte er, den „respektablen Anteil“ an Besuchern aus Mittel- und Realschulen zu nutzen und stärker in der Mitarbeit zu integrieren.