Botschafter des Friedens

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Jubiläum: 100 Jahre „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.“
Jubiläum: 100 Jahre „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.“ Foto: Bek-Baier

Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. beging in München 100-jähriges Bestehen

„Kriegsgräberarbeit ist Arbeit für den Frieden in Europa“ ist die Botschaft, die sich durch die Feierstunde zu einhundert Jahre „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. zog. Am Tag genau nach der Gründung vor einhundert Jahren war in die Theatinerkirche und anschließend die Residenz in München geladen worden.

Dieses Jubiläum hat für mich eine Ambivalenz“, sagte der katholische Militärdekan Dr. Michael Gmelch im ökumenischen Gottesdienst anlässlich des Jubiläums einhundert Jahre „Volksbund Deutsche Kriegsgräber Fürsorge e.V.“ in der Münchner Theatinerkirche. „Auf der einen Seite ein Jubiläum, das Anlass zum Feiern gibt. Auf der anderen Seite ist es ein Ereignis, das uns an Krieg, Leid und Zerstörung und an das was im Namen von Ideologien Menschen angetan wurde erinnert.“ Der Dekan weiter: „Einhundert Jahre Volksbund heißt, eine Wunde offenhalten, weil wir die Menschen darauf aufmerksam machen müssen, wie kostbar Frieden ist.“

Für den Frieden einsetzen

Der leitende evangelische Militärdekan Ralf Zielinsiki erinnerte an nahezu 75 Jahre Frieden in Deutschland. Aber auch an die friedenssichernden Militäreinsätze der Bundeswehr an Einsatzorten, die zum Teil unbeachtet von der Öffentlichkeit sind, wie im Kosovo, Mali, Jordanien, Libanon, vor der Küste der Levante, am Horn von Afrika und im Sudan. Sie zeigten, dass Friede wenig selbstverständlich ist. Er dankte den deutschen Soldatinnen und Soldaten für ihren Friedensdienst. „Wir müssen uns für den Frieden einsetzen.“ Das sei der Kern des Selbstverständnisses des Volksbundes: Das Ringen um den Frieden. „Von Anfang an ging es beim Volksbund um die würdige Bestattung der Toten. Das war schlichtweg Christenpflicht.“

Aber neben diesen Bestattungen ginge es auch immer darum, Menschen aus ganz Europa, aus ehemalig verfeindeten Ländern über die Kriegsgräber hinweg, zusammenzuführen und ins Gespräch zu bringen. Die Pflege der Kriegsgräber dient dem Frieden und der Versöhnung. Die Fürsorge des Volksbundes gilt allen Opfern des Krieges, aber auch den Tätern. Versöhnung über die Gräber hinweg heiße, im anderen nicht den Angehörigen eines anderen Landes oder einer anderen Gruppe zu sehen, sondern zuerst in ihm den Menschen zu sehen, so Zielinski.

Beim offiziellen Festakt, einem Staatsempfang in der Residenz in München, sagte die bayerische Sozialministerin Kerstin Schreyer, der Volksbund leiste einen wichtigen Beitrag zur Friedensarbeit. Der Volksbund mache deutlich, welche verheerenden Auswirkungen Krieg und Gewaltherrschaft haben und sei deshalb für die bayerische Staatsregierung ein „unverzichtbarer Kooperationspartner“.

Hunderte geladene Gäste aus Volksbund, Bundeswehr, Politik und öffentlichen Leben nahmen an der Feierstunde teil. Unter ihnen Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München.

Die älteste Bürgerinitiative

Tatsächlich übernimmt der eingetragene Verein Aufgaben in der Kriegsgräberfürsorge, die in anderen Ländern, wie Großbritannien, Frankreich und den USA der jeweilige Staat erfüllen muss. Der Vorsitzende des Landesverbands Bayern, Regierungspräsident a.D. Wilhelm Wenning, betonte sowohl bei seiner Begrüßung im Gottesdienst, als auch bei seiner Festrede beim Staatsakt, dass der Volksbund eine der ersten Bürgerinitiativen der neuen Demokratie war. Wenning erinnerte an die Anfänge des Volksbundes Bayern, als damals nach dem Ersten Weltkrieg, der insgesamt 17 Millionen Tote gefordert hatte, der Staat nicht in der Lage gewesen sei, sich der verwahrlosten Soldatengräber anzunehmen.

Der Vorsitzende des Landesverbands Bayern, Wilhelm Wenning, hielt die Festansprache und betonte die wichtige Rolle des Volksbundes bei der Gedenk- und Friedensarbeit. Foto: Bek-Baier

Am 14. September 1919 gründeten in München vierzehn Männer den Deutschen Kriegsgräber- Schutzbund. Am 16. Dezember wurde danach in Berlin der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. gegründet. „Es erfüllt uns mit Stolz, sagen zu können, dass die Kriegsgräberfürsorge in Deutschland ihre Wurzeln hier in Bayern hat“, so der Vorsitzende des bayerischen Volksbundes.

Heute betreut der Volksbund 832 Kriegsgräberstätten in 46 Staaten, auf denen rund 2,8 Millionen Kriegstote bestattet sind. Vor allem nach der Wende in Europa wurden in Russland tote Soldaten geborgen und auf neu angelegten Sammelfriedhöfen bestattet. Auch heute noch tragen 70 Prozent der für die Gedenk- und Friedensarbeit notwendigen Mittel die Bürgerinnen und Bürger selbst, durch Mitgliedsbeiträge und Spenden.

Von allen Rednern wurde die Jugendarbeit, die der Volksbund seit 1953 leistet, gewürdigt. Da die kollektive Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg immer mehr schwinde, müssten die Kriegsgräberstätten zu „Lernorten“ werden, in denen das schreckliche Kriegsgeschehen erläutert und eingeordnet werde, sagte Wenning. Diese Vermittlung müsse aber auch in den schulischen Lehrplänen verankert werden, forderte er. Da immer weniger Vertreter der Generation, die noch selbst den Krieg erlebt hat, darüber berichten können, sei es die Aufgabe des Volksbundes, den „Wert des Friedens“ durch Bildungsangebote an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben.

Versöhnungsarbeit

Die 94-Jährige Rosemarie Leidenfrost eröffnete den Reigen der neun Ehrenamtlichen, die aus ihrer Erfahrung mit dem Volksbund berichteten. Als Krankenschwester im Krieg half sie in Feldlazaretten und in einem Lazarettzug Verwundeten in Russland. Sie berichtete von der seelischen Not der jungen Verwundeten, die sie betreute. „Ich möchte, dass die Erinnerung an diese schlimme Zeit und die vielen Toten bewahrt wird, um zu versöhnen.“

Der 82-jährige Johann-Georg Stigler aus Vilsbiburg sammelt seit 22 Jahren für den Volksbund, da sein Onkel 1942 in Russland fiel. Dabei besucht er jährlich 1.400 Haushalte und bringt jedes Mal Spenden in Höhe von 9.000 Euro zusammen.

Maximilian Pfeuffer aus Würzburg war mit 22 Jahren der jüngste Ehrenamtliche, der auf der Feierstunde sprach. Zusammen mit 28 weiteren jungen Menschen aus zwölf verschiedenen Nationen half er mit 19 Jahren das erste Mal die Kriegsgräberstätte am Münchner Waldfriedhof zu pflegen. Inzwischen hat der ausgebildete Archivar die Jugendleiter-Schulung des Volksbundes absolviert und leitete dieses Jahr zum ersten Mal selbst bei der Internationalen Jugendbegegnung in Karlsruhe eine Gruppe. „Diese Aufgabe hat mich sehr erfüllt und ich freue mich, dass ich auf diese Weise heute und in Zukunft einen Beitrag für den Frieden leisten kann.“Martin Bek-Baier