Automatisch Gutes tun

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Würzburger Spendenautomat für St. Johannis
In der Würzburger St. Johannis-Kirche wurde der „erste Spendenautomat seiner Art“ eingeweiht. Besucher können nun bar oder mit EC- oder Kreditkarte spenden und zwischen verschiedenen Zwecken wählen.  Foto: Wollschläger

Erster Spendenautomat seiner Art in der Würzburger St. Johannis-Kirche in Betrieb

Der Ausgabeschacht leuchtet blau auf. Es surrt und klappert nach jeder Spende. Anschließend kann man eine Spendenquittung entnehmen und – wenn man möchte – eine Gedenkmünze, den Johannistaler. 

Der Erfinder dieses Automaten ist Karl Bauer. Bei einem Besuch in den USA vor vielen Jahren fiel ihm ein Spendenautomat in einer Kirche auf. Im Gespräch mit den Kirchengemeindemitgliedern erzählten diese dem Tüftler aus München von einem Vielfachen an Spenden, seit man auch digital spenden könne. Diese Idee setzte sich fest im Kopf von Bauer. Viele Jahre habe es anschließend bis zur Umsetzung gedauert. „Die Schwierigkeit war, dass es so etwas in Deutschland noch nicht gegeben hat und keiner zunächst wusste, wie man das umsetzen könne. Das Besondere ist, dass ich sowohl auswählen kann, an wen ich spende und dann mit verschiedenen Geldkarten oder Bargeld bezahlen kann. Das gibt es so bisher noch nicht auf der Welt.“ Viele Zweifel und schlaflose Nächte später steht das technische, kleine Wunderwert, mit dem man „automatisch Gutes tun kann“ im Vorraum der St. Johannis-Kirche. 

Für den Spender gut sichtbar besteht die Möglichkeit, entweder für die Sanierung der Kirchtürme der Kirche zu spenden oder für die Kirchlichen Allgemeinen Sozialarbeit (KASA) der Diakonie. 

Die Firma „Geldwechseltechnik“, kurz GeWeTe in Mechernich hat den Kassenautomaten hergestellt. „Erstmals in Deutschland“, so erklärte der Geschäftsführer der Automaten-Firma, Aristidis Tsikouras, „biete ein Spendensystem fünf Alternativen an: Geldscheine oder Überweisung, Kartenhandhabung mit oder ohne physischen Kontakt, maximal sechs einprogrammierbare Spendenzwecke, Belegausgabe und „als größte Besonderheit“: Ab einer Spende von zehn Euro könne der Nutzer eine Gedenkmünze der Innenstadtgemeinde erhalten.“ Sonst bestückt der Geschäftsführer Schwimmbäder, Bibliotheken oder Krankenhäuser mit seinen Automaten. „Ich freue mich sehr zu sehen, wie innovativ diese Kirchengemeinde ist. Das passt gut, denn unser Unternehmen ist es ebenfalls.“ Für ihn ist „die Kirche“ es ein neues „Kundenklientel“. Er hofft, dass die St. Johannisgemeinde die Erste „von vielen“ ist. 

Dekan Wenrich Slenczka testet den Automaten bei der Einweihung. „Das ist tatsächlich ganz einfach“, stellt er fest. „Man hat auch gleich seine Spendenquittung. Ich finde es toll, dass solche Ideen kreiert werden und das eine Gemeinde kreativ damit umgeht. Dazu kommt noch, dass die Gemeinde es nicht nur für die Sanierung nimmt und die eigenen Belange sondern auch noch für die Diakonie. Seine Spende wählte er für die sanierungsbedürftigen spitzen Türme der Kirche aus. „Wenn ich auf der Festung Marienberg stehe, sehe ich diese Türme. Türme sind etwas, was uns daran erinnert, dass unsere Gesellschaft nicht nur horizontal funktioniert, sondern auch vertikal – dass Gott mit uns ist. Er schmunzelt, als der Vergleich mit dem Ablasshandel zu Luthers Zeiten aufkommt: „Spenden gab es schon beim Apostel Paulus. Nicht alle Spenden sind gleich Ablässe“, lächelt er, dass die Gedenkmünze klappernd in das Ausgabefach fällt. „ ,So bald das Geld im Kasten klingt …‘, gilt hier nicht.“

„Wir arbeiten gerne mit der Gemeinde St. Johannis zusammen“, erklärt auch Andreas Schrappe, stellvertretender Geschäftsführer des Diakonischen Werkes. „Das Pfarramt in der Innenstadt ist ein Anlaufpunkt für viele Menschen, die nicht mehr weiterwissen. Das Zusammenspiel zwischen der Gemeinde und dem Diakonischen Werk zugunsten von Menschen in schwierigen Situationen ist beispielhaft. Der Spendenautomat kann das Bewusstsein schärfen, dass auch in einer wohlhabenden Stadt Menschen dringend auf Unterstützung angewiesen sind.“.

„Nicht nur Mitglieder der Kirchengemeinde, sondern Menschen aus ganz Würzburg, Unterfranken und weit darüber hinaus spenden für den Erhalt der Kirchtürme. Viele wissen, dass die Türme 1957 als ‚Fingerzeig Gottes‘ errichtet wurden. Nun können uns auch Besucher, die die Kirche für Gottesdienste oder unter der Woche zu Besichtigung, oder auch als Touristen zu uns kommen, unterstützen“, freut sich Eberhard Grötsch, der Kirchenpfleger von St. Johannis, der für die Finanzen verantwortlich ist. 

Die losen Muschelkalkplatten müssen an den hohen, spitzen Türmen befestigt, der poröse Sandstein renoviert, die Asbestplatten beseitigt und die undichten Fugen vom Pflanzenbewuchs befreit werden. 1,8 Millionen Euro kostet Sanierung laut einem Kostenvoranschlag, erklärt Pfarrer Jürgen Reichel. In über hundert Einzelaktionen sind seit dem Mai letzten Jahres durch Privatspender schon 90.000 Euro zusammengekommen. Zusammen mit Fördergeldern von Landeskirche, Freistaat Bayern und Stadt Würzburg konnte der erste Bauabschnitt mit 900.000 Euro finanziert werden. Aktuell fehlen noch 600.000 Euro, um den Rest der Sanierungsarbeiten zu bezahlen.

Stefan Kern vom Kompetenzzentrum Fundraising der Landeskirche ist stolz, dass der Automat nach langer Vorlaufzeit jetzt endlich steht. Er ist sehr gespannt darauf, wie er angenommen wird. Er hofft dabei auf ähnliche Erfahrungen mit diesen digitalen Spenden wie es einst Karl Bauer bei seinem Besuch in den USA erlebte. 

Pfarrer Jürgen Reichel sagt in seinem Grußwort, das Menschen immer auch darauf angewiesen sind, dass andere teilen. Dies tut dabei allen gut: Spendern und Empfängern. „Es zeigt, dass wir in Verbindung und solidarisch sind“. 

Das Unternehmen stellt der Gemeinde den Automaten zunächst für ein halbes Jahr kostenlos zur Verfügung. Bisher fehle es noch an Erfahrungen. „Daher werden wir nach einem halben Jahr gemeinsam Bilanz ziehen“, sagt Eberhard Grötsch.