Träumen in der Therme – gegen die Spiralen der Gewalt

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Editorial von Susanne Borée im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Ein Tag in der Therme: auf dem warmen Salzwasser schweben, umhüllt von sanfter Musik und meditativen Lichtspielen. Ist dies das Paradies? Zumindest scheint es schon einmal gar nicht so weit entfernt davon zu sein.

Im vergangenen Jahr hätten wir uns wohl gar nicht mehr träumen lassen, dass dafür noch genug Energie vorhanden ist. Der Weltuntergang ist für uns zunächst einmal ausgeblieben – jedenfalls für die meisten, die nicht jeden Cent umdrehen müssen. Ein Tag in der Therme ist immer noch erschwinglich. Die Energiekosten sinken nun wieder, auch wenn das Leben an sich um so vieles teurer erscheint. 

Ich würde mich am liebsten für länger wegträumen aus dieser Welt! Die Farben der Lichtschau erinnern an ein sanftes Feuerwerk – jedoch ohne Knall und Schrecken. Besser vielleicht: an Himmelserscheinungen wie die Nordlichter. 

Sie weisen den Weg hinein in ein Paradies, in dem es keine Kämpfe, Not oder Hass mehr gibt. Nicht genug damit, dass wir in der vergangenen Woche den ersten Jahrestag des Ukraine-Krieges begehen mussten! Wo wir auch hinschauen, überall erscheint die Lage in düsteren Farben. In Äthiopien etwa, das in diesem Jahr im Zentrum des Sonntags Reminiszere steht. Der Tag trägt das Gedenken im Namen. Bei allen Katastrophen sind die Erdbeben fast schon wieder aus unseren Gedanken geraten!

Doch zur Faschingszeit herrschte gleichzeitig beim Blick aus dem Fenster schon eine fast frühlingshafte Wärme. Und dann der Temperatursturz! Dieser Wechsel der Natur öffnet uns die Augen, wie Schönes von kurzer Dauer sein kann. Oder ist es bereits ein Vorbote der Klima-Katastrophe?

Wir können uns nicht in kleine Schächtelchen packen und durchschlafen, bis alle Not und Gewalt vorbei ist – auch wenn sich das vor einem Jahr ein vierjähriges Kind aus dem ukrainischen Charkiw wünschte. Erinnern Sie sich noch? Was wohl aus ihm geworden ist?

Gedenken und Meditieren – geht das zusammen? Zumindest sind es wohl zwei Seiten derselben Medaille. Innere Ruhe, ohne einen Blick nach draußen zu werfen – das wird schnell einengend. Und umgekehrt kostet einem dauerndes Getriebensein zu viel Energie. 

So muss beides zusammenwirken: Nicht nur, um einen neuen Durchblick zu bekommen, sondern auch, um Kraft für neue Blickwinkel zu gewinnen.