Theologe mit ausgesprochen journalistischer Ader

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Wechselte 2003 von Kitzingen ins thüringische Weimar: Der langjährige Sonntagsblatt-Herausgeber Christoph Schmerl. Hier ein Bild von ihm aus dieser Zeit. Foto: Saalfrank
Wechselte 2003 von Kitzingen ins thüringische Weimar: Der langjährige Sonntagsblatt-Herausgeber Christoph Schmerl. Hier ein Bild von ihm aus dieser Zeit. Foto: Saalfrank

Eine Würdigung für den langjährigen Sonntagsblatt-Herausgeber Christoph Schmerl

Sein Name war untrennbar mit dem Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern mit Sitz in Rothenburg verbunden. Als Christoph Schmerl am 3. Mai im Alter von 83 Jahren in Weimar verstarb, endete damit auch eine Familiengeschichte. Denn bereits sein Vater und sein Großvater waren bei der Kirchenzeitung journalistisch aktiv. Neben der Gemeindearbeit hatten sie die Redaktion des Rothenburger Sonntagsblatts inne. Und das über Jahrzehnte. Kirchenrat Wilhelm Sebastian Schmerl, erst Pfarrer im westmittelfränkischen Gollhofen und später in Würzburg, war von 1921 bis 1963 für die Kirchenzeitung verantwortlich. Von 1963 bis 1967 leitete Dekan Wilhelm Schmerl (Gunzenhausen) die Redaktion. 

Dass sich Christoph Schmerl schon früh für das Sonntagsblatt engagierte, war für ihn keine bloße Familientradition. Ihm machte das Schreiben Spaß. Angeregt durch das Predigerseminar Pullach und die Begegnung mit engagierten prominenten Journalisten griff der Theologe oft zur Feder. Als Pfarrer im Münchner Hasenbergel, einem sozialen Brennpunkt der Landeshauptstadt, schrieb er unter anderem über soziale Themen. Besonders lagen ihm die Bereiche Kirchengeschichte und biblische Theologie am Herzen.

Christoph Schmerl betrat journalistisches Neuland, indem er versuchte, Theologie mediengerecht und verständlich umzusetzen. So gab er 1967 mit seinem Vater zusammen die sogenannte Luther-Zeitung heraus. Er wollte damit „Reformationsgeschichte im Stil der Bild-Zeitung den Menschen nahe bringen“. Der Theologe traf mit diesem Konzept ins Schwarze: Die Zeitung musste mehrmals nachgedruckt werden. Insgesamt wurden über 150.000 Exemplare verkauft.

Im Jahre 1967 übernahm Schmerl als 27-Jähriger die Redaktion für die Sonntagsblatt-Beilage „Junge Christen“. Die vier- und manchmal acht­seitige Beilage konzipierte er als Magazin für junge Erwachsene bis 40 Jahre. Über 20 Jahre war Schmerl – bis zu seiner Zeit als Dekan in Kitzingen – für die Beilage verantwortlich. 

Besonders viel Zeit investierte der Theologe mit der ausgesprochenen journalistischen Ader Mitte der 70er Jahre für das Rothenburger Sonntagsblatt. Stellvertretend für seinen erkrankten Vater hatte er die Redaktion der Sonntagsblatts inne. Nach seinem Tod führte er sie eineinhalb Jahre weiter. Und das neben seiner Aufgabe als Pfarrer im Münchner Stadtteil Neuaubing. Er war damals zum Teil wochenlang allein für 6.000 Protestanten zuständig.  

Anfang 1996 übernahm Schmerl als Nachfolger von Dr. Gerhard Prinz (München) die Herausgeberschaft des Rothenburger Sonntagsblatts. Zuvor gehörte er bereits dem Herausgeberbeirat der Kirchenzeitung an. Seit 1996 arbeitete der Theologe regelmäßig im Autorenteam für den Kommentar mit und zeichnete sich für andere redaktionelle Beiträge verantwortlich. Vor allem seine profunden kirchengeschichtlichen und literarischen Kenntnisse kamen den Leserinnen und Lesern  der christlichen Wochenzeitung immer wieder zugute. So schrieb Schmerl unter anderem eine spannende Artikelserie über die Einstellung des Sonntagsblatts 1942 und das Wiedererscheinen der Zeitung im Herbst 1948. Die Reihe wurde zu einer kleinen bayerischen Kirchengeschichte der Kriegs- und Nachkriegszeit.

Im Herbst 2003 ging Christoph Schmerl nach 15-jähriger Tätigkeit als Dekan in Kitzingen in den Ruhestand. Mit seiner Frau wechselte er von Unterfranken ins thüringische Weimar, der Stadt der Dichter und Denker. Das kam ihrer Vorliebe für Literatur und Kunst sehr entgegen. 

Der Umzug nach Weimar bedeutete aber keinen Abschied vom Sonntagsblatt. Der Theologe blieb auch im Ruhestand der Kirchenzeitung verbunden. Nicht nur als Herausgeber, sondern auch als Autor vieler Beiträge. Er schrieb weiter Kommentare sowie theologische und kirchengeschichtliche Beiträge mit dem Schwerpunkt der Reformation.  Ihm war es wichtig, „das Evangelium für den Alltag tauglich zu machen“. Und so wie auch aus der Kirchengeschichte fesselnde Impulse für die Leserschaft zu bieten. 

2016 gab der Theologe aus Altersgründen die Herausgeberschaft des Sonntagsblatts ab. „Auch wenn er vor Jahren dieses Amt in die Hände von Professorin Johanna Haberer gelegt hat, war er bis zuletzt dem Blatt herzlich verbunden“, sagte Schmerls Schwager, Oberkirchenrat i.R. Detlev Bierbaum, bei der Beerdigung am 11. Mai in Ostheim im Gunzenhausen. Er würdigte den Verstorbenen als einen Theologen, der „seinen Beruf mochte und der weitergeben wollte, was er selbst als hilfreich und stützend erfahren hatte: die Liebe Gottes zu den Menschen und seiner Welt.“ 

Im Geburtsort seiner Frau hat der Theologe mit ausgesprochener journalistischer Ader seine letzte Ruhestätte gefunden. Mit ihm wurde auch eine Familiengeschichte zu Grabe getragen, die ganz viel mit dem Rothenburger Sonntagsblatt zu tun hat.

Günter Saalfrank, ehemaliger Chefredakteur des Evangelischen Sonntagsblattes