Das Leben im Licht

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Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern vom ehemaligen Chefredakteur Martin Bek-Baier über den Auftrag an die Christen

Wandelt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit. Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist, und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf. Denn was von ihnen heimlich getan wird, davon auch nur zu reden ist schändlich. Das alles aber wird offenbar, wenn‘s vom Licht aufgedeckt wird; denn alles, was offenbar wird, das ist Licht. Darum heißt es: Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten. 

Epheser 5, 8b–14

Ich habe zurzeit einen kleinen König aus Holz geschnitzt auf meinem Schreibtisch stehen. Es ist eine Holzskulptur des Künstlers und katholischen Diakons Ralf Knoblauch. Jeden Tag bevor der Seelsorger zu seinem Dienst aufbricht, schnitzt er einen König aus den Balken eines alten, abgebrochenen Hauses. Er nennt sie „Gottes Königskinder“. Jeder ist anders, wie jeder Mensch anders ist. „Mein“ König wirkt bescheiden. Er trägt seine Krone nicht stolz auf dem Kopf, sondern hält sie unscheinbar an der Seite. Er ist nahbar. Er ist berührbar. Er strahlt keine Macht aus. Aber er ist dennoch ein König. 

Diese Könige reisen um die Welt und sind bis September in Rothenburg ob der Tauber in der evangelischen Franziskanerkirche zu Gast. „Meiner“ kommt mit in Gottesdienste in den Gemeinden, ins Pflegeheim und zum Krankenhausgottesdienst. Er kommt mit ans Krankenbett, in die Schule und zu Senioren, um auf etwas Besonderes hinzuweisen: Jeder Mensch sollte in Würde andere Menschen mit Würde behandeln. 

Beim heutigen Predigttext spricht Paulus davon Kinder des Lichts zu sein. Damit ist nicht gesagt, dass wir aus eigener Kraft große Leuchten wären. Die können wir nur durch Christi Tod und Auferstehung sein. Er hat das Dunkel des Todes durchlitten, damit uns nun das Licht des Lebens leuchten kann. Paulus ruft uns zu, in und aus dem Licht zu leben, das Christus für uns errungen hat. Das hat dann auch konkrete Folgen: Wenn es in uns hell ist, wird es auch um uns herum hell. 

Königskinder und Kinder des Lichts, für mich läuft das auf dasselbe hinaus. In Würde Nächstenliebe leben, den Auftrag, Kind des Lichts Christi zu sein und sich gegen die Finsternis der Welt zu stellen. Dabei habe ich gleich auch an die Intentionen und praktischen Aktionen des Künstlers Knoblauch rund um seine Königskinder Gottes gedacht. Sie erinnern uns in gewisser Weise daran im Licht Christi zu wandeln und uns für Gottes Gebote einzusetzen. Mit seinem weißen Gewand weist der kleine König auf unsere Taufe und Zugehörigkeit zu Jesus Christus. Auf seinen Namen hin sind wir getauft. Die Krönung unseres Lebens, das wir in seinem Licht leben und ausfüllen sollen.

Der Epheserbrief ermahnt uns eindringlich als Kinder des Lichts die Werke der Finsternis aufzudecken. Gerade in dieser Zeit, in der Populisten, Extremisten und radikale Parteien es schaffen mit ihren Parolen, die teils menschenverachtend, fremdenfeindlich oder antisemitisch sind, Menschen für ihre Zwecke einzufangen, ist die Würde des einzelnen Menschen extrem in Gefahr. Als Christen erkennen wir jedoch in jedem Menschen ein Abbild Gottes, ein Königskind Gottes. Egal welcher Herkunft, Hautfarbe und Religion er entstammt.

Martin Bek-Baier, Pfarrei Tauber-Wörnitz +

Referent für „Gottesdienst erleben“ im Gottesdienstinstitut der Landeskirche