Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern zur Taufe des Kämmerers aus Äthiopien
Und siehe, ein Mann aus Äthiopien, ein Kämmerer … der Königin von Äthiopien, …, war nach Jerusalem gekommen, um anzubeten. Nun zog er wieder heim und las den Propheten Jesaja. Der Geist aber sprach zu Philippus: Geh hin! a lief Philippus hin und fragte: Verstehst du auch, was du liest? Er aber sprach: Wie kann ich, wenn mich nicht jemand anleitet? Die Stelle …, die er las, war diese: „Wie ein Schaf, das zur Schlachtung geführt wird, und wie ein Lamm, das vor seinem Scherer verstummt, so tut er seinen Mund nicht auf. In seiner Erniedrigung wurde sein Urteil aufgehoben. Wer kann seine Nachkommen aufzählen? …“ Da antwortete der Kämmerer Philippus und sprach: Ich bitte dich, von wem redet der Prophet da, von sich selber oder von jemand anderem? Philippus aber predigte ihm das Evangelium von Jesus. Und als sie auf der Straße dahinfuhren, kamen sie an ein Wasser. Da sprach der Kämmerer: Siehe, da ist Wasser; was hindert’s, dass ich mich taufen lasse? Und Philippus … taufte ihn. … (Dann) entrückte der Geist des Herrn den Philippus und der Kämmerer sah ihn nicht mehr; er zog aber seine Straße fröhlich.
Aus Apg 8, 26–39
In diesen Tagen und Wochen rollt sie wieder – die Urlaubs- und Reisewelle. Unser Bibelwort nimmt uns mit in die Geschichte eines Urlaubers. Als Minister konnte er sich die Reise leisten. Und trotzdem ahnt er: Das Leben ist mehr als Reichtum, Besitz und gesellschaftliche Stellung. Er ist auf der Suche nach Gott oder Göttern. Sein Ziel ist der Tempel des Gottes Israels in Jerusalem.
Um den Glauben an diesen Gott besser zu verstehen, erwirbt er eine Schriftrolle; aber er begreift den Inhalt nicht. Was er nun von Philippus erklärt bekommt, unterscheidet sich völlig von den Religionen der damaligen Zeit. Die Göttersagen der meisten Kulte sind am einzelnen Menschen und seinem Schicksal nicht interessiert. Aber der Gott, von dem der Prophet Jesaja schreibt, redet mit Menschen, ringt um sie, er ruft sie beim Namen (vgl. den Wochenspruch Jes 43, 1).
Gott kennt uns namentlich. Wir sind ihm etwas wert. Gott möchte, dass wir in Frieden und Gerechtigkeit miteinander umgehen. Er möchte, dass wir füreinander da sind und in Ehrfurcht vor ihm und seiner Schöpfung leben.
Philippus erzählt die Geschichte Gottes weiter: Er predigt dem Minister „das Evangelium von Jesus“. Und plötzlich ist der Mann aus Äthiopien am Ziel seiner Reise – mitten auf der Landstraße. Er hat Ihn gefunden, den einen, den wahren Gott, nach dem er so lange gesucht hatte. Zu Ihm möchte er auch gehören. Er lässt sich taufen auf den Namen dieses wunderbaren Gottes.
Was hindert es eigentlich uns, dass wir heute neu anfangen zu glauben; zu glauben, dass Gott auch uns kennt, uns liebt und uns führen will? Was hindert‘s eigentlich, dass wir durch uneingeschränktes Vertrauen auf Gott unserer eigenen Taufe wieder einen Sinn geben? Der reiche, äthiopische Urlauber hat ohne Zögern sein Vertrauen in Gottes Liebe durch seine Taufe sichtbar gemacht. Deshalb zog er „seine Straße fröhlich“ heimwärts. Dies gilt auch für unsere Lebens-Reise.
Jürgen Hacker, Dekan Bayreuth-Bad Berneck, Region Süd, Mitglied der Landessynode