Ideen für neue Literatur

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Cover der vorgestellten Bücher
Cover der vorgestellten Bücher

Buchtipps zu Frauenstimmen

Frauen, die lesen, galten in vielen Zeiten als gefährlich. Mit Büchern konnten sie in die unbegrenzte Welt der Gedanken und der Phantasie eintauchen und ihrem Alltag in der engen Welt ihres Zuhauses oder der Kindererziehung entfliehen. Die meisten Autoren jedoch waren Männer. Frauen, die Bücher schrieben, taten dies meistens unter Pseudonym oder verfassten „gefällige“ Rezeptbücher oder Liebesromane. 

Das änderte sich in den 80er Jahre. Frauen begannen über ihre eigenen Emotionen zu schreiben, ihre Sicht auf die Welt oder auch ihr Scheitern. Erstmals wurde über weibliche Themen wie Wochenbett oder gescheiterte Beziehungen und Frauenfreundschaften geschrieben. 

Feministische Literatur und Verlage eroberten in dieser Zeit die Buchhandlungen. In den „Frauenecken“ gab es nun Bücher, die ein ganz neues Licht auf Beziehungen, Freundschaften und Frauenleben warf. Natürlich gab es schon immer schreibende Frauen – aber erst ab dieser Zeit gründeten sie selbst Verlage und erhoben erstmals frei und selbstbestimmt ihre Stimme. Doris Dörrie oder Elke Heidenreich waren viel gelesene Autorinnen dieser Zeit. Die lateinamerikanische Schriftstellerin, Isabel Allende, schrieb mit „Das Geisterhaus“ einen Weltbestseller. 

All diese Schriftstellerinnen waren die Vorreiterinnen der Autorinnen, die ich ihnen heute vorstellen möchte. Frauenstimmen sind vielfältig, wichtig und dürfen heute gehört werden mit allen weiblichen Belangen. Viel Spaß am Lesen mit neuen Erkenntnissen.

Inge Wollschläger

„Beklaute Frauen“

Leonie Schöler zeigt in ihrem Buch auf, wie viele Frauen im Lauf der Zeit in der Öffentlichkeit „unsichtbar“ gemacht wurden. Die menschliche Geschichte sollte neu geschrieben werden, wie zum Beispiel in der Geschichte des „Ivory Man“. Bei Ausgrabungen um Valencia herum mit Funden aus dem Jahr 5.000 vor Christus wurden bei DNA-Testung im Jahr 2023 festgestellt, dass der „Ivory Man“ – ein mächtiger Herrscher aus der Kupferzeit – eigentlich eine „Ivory Lady“ war. 

Wissenschaftlerinnen, Künstlerinnen oder Autorinnen: Viele von ihnen wurden nicht von ihren männlichen Kollegen anerkannt oder gerieten im Schatten von Männern in Vergessenheit. Manche von ihnen wurden sogar ganz aus der Geschichte herausgeschrieben oder schlicht „vergessen“. Leonie Schöler schreibt über eine Vielzahl von Frauen, die Geschichte schrieben – oder hätten schreiben können.

Leonie Schöler: Beklaute Frauen, Penguin Verlag 2024, Gebundene Ausgabe, 416 Seiten; 22 Euro.

„Jedem Zauber wohnt …“

Stevie Schmiedel ist Kulturwissenschaftlerin mit Schwerpunkt Genderforschung. Sie schreibt über das momentan heiß diskutierte und hochemotionale Thema des Genderns. Sie verlässt ihre ehemalige radikale Haltung und reicht den Altvorderen versöhnlich die Hand. Sie sagt: „Wir brauchen einen ‚Feminismus mit Liebe.’ Mit ihrem Buch will sie Brücken über sich erweiternde Abgründe bauen. Fundiert, verständlich und mit Humor möchte sie die Generationen an einen Tisch holen und zeigen,
wie ein moderner Feminismus aussehen kann und in dem man Fragen stellen darf und Debatten zulassen kann. Schmiedel schreibt eingängig und informativ, ohne belehrenden Zeigefinger.

Stevie Schmiedel: Jedem Zauber wohnt ein radikaler Anfang inne …, Kösel-Verlag 2023, Gebundene Ausgabe, 256 Seiten; 22 Euro.

 

„Sorry aber …“

„Bei wen entschuldigen wir uns eigentlich?“, fragt Tara-Louise Wittwer in ihrem Buch „Sorry aber …“ Wittwer schreibt in ihrem Buch über den Unterschied von Entschuldigungen bei Männern und Frauen und geht der Frage nach: Entschuldigen wir uns, um die Schuld abzuladen? Entschuldigen wir uns für andere, damit sie sich besser fühlen? Kann man sich überhaupt aktiv entschuldigen? Entschuldigen sich Frauen mehr als Männer? Ein locker geschriebenes Buch einer jungen Frau der heutigen Zeit, über unsere Entschuldigungskultur, die uns meistens schon seit frühster Kindheit beigebracht wurde.

Tara-Louise Wittwer: sorry, aber …, Knaur-Verlag 2024, Broschiert, 208 Seiten; 18 Euro.

„Längst gleichberechtigt“ 

Nicht immer muss ein Buch auch eine Reise durch die Jahrtausende sein. Manchmal erinnert es uns auch schlicht an unsere alten Glaubenssätze im Buch „Wir sind doch alle längst gleichberechtigt“ von Alexandra Zykonov. Denn die Wahrheit ist: Von der Gleichberechtigung sind wir noch ziemlich weit entfernt. Sätze wie „Hast du ein Glück, dass dein Mann zu Hause so viel mithilft“ oder „Selbst Schuld, wenn sich Frauen gegenseitig die Augen auskratzen“ haben wohl die meisten von uns schon mal gehört. Eines der Hauptthemen in diesem Buch ist die unbezahlte Sorgearbeit für die Familie und die Kinder, die immer wieder durch folgende Sätze gezeigt wird: „Er arbeitet voll, sie nur Teilzeit – ist doch klar, dass sie zu Hause mehr übernimmt“ oder „Aber ich liebe mein Kind – da kann ich doch fürs Kümmern kein Geld verlangen“. Die Autorin grätscht bei diesen Sätzen direkt ein, dass Sorgearbeit mehr ist als nur Windeln wechseln und ein bisschen den Haushalt zu schmeißen. Dieses Buch ist empfehlenswert, da es zum einen mit ironischen Aussagen provoziert und zum anderen zum Nachdenken über die derzeitige Gesellschaft anregt sowie ein Reflektieren über ein immer wiederkehrende Thema ein: Ungleichheit des weiblichen Geschlechtes. 

Alexandra Zykonov: „Wir sind doch alle längst gleichberechtigt!“ 25 Bullshit-Sätze, ullstein-Verlag 2022 , Taschenbuch, 288 Seiten; 12,99 Euro.