Glückselig, wer nicht locker lässt

206
Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Adventliche Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern von Gabriele Hoerschelmann

Johannes saß im Gefängnis. Dort hörte er von den Taten des Christus. Deshalb schickte er seine Jünger zu Jesus und ließ ihn fragen: „Bist du der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen anderen warten?“ Jesus antwortete ihnen: „Geht und berichtet Johannes, was ihr hört und seht: Blinde sehen und Lahme gehen. Menschen mit Aussatz werden rein. Taube hören, Tote werden zum Leben erweckt, und Armen wird die Gute Nachricht verkündet. Glückselig ist, wer sich nicht von mir abbringen lässt“. 

Matthäus 11, 2–10

Weihnachten ist die Zeit der Wünsche und Erwartungen, der Geheimnisse und der Sehnsüchte. Auch zur Zeit Jesu waren die Erwartungen mindestens genauso hoch und die Sehnsüchte genauso tief. „Bist du der, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?“, wird Jesus von Johannes gefragt. Er war ein Mann der klaren Worte, der in seinen Reden immer schon auf Jesus hingewiesen hat: „Nach mir kommt einer, der ist mächtiger als ich.“ Jetzt will er es wissen, ob seine Erwartungen bereits erfüllt worden sind oder ob er immer noch weiter auf den warten muss, der mächtiger ist als er. 

Und Jesus antwortet ihm in einer Weise, die alle realistischen Erwartungen übertrifft: „Blinde sehen und Lahme gehen. Menschen mit Aussatz werden rein, Taube hören, Tote werden zum Leben erweckt und Armen die gute Nachricht verkündet.“ Kann man sich Großartigeres vorstellen als das? Das Unmögliche wird möglich, das gänzliche Unrealistische wird plötzlich Wirklichkeit. Da passiert so viel Gutes in einer solchen Fülle, dass es kaum zu fassen ist. Jeder Blinde mag sich in seinem Leben nichts sehnlicher gewünscht haben, als wieder sehen zu können und jede Lahme, wieder gehen zu können. All das Unrealistische wird Wirklichkeit. Wie glückselig muss sich das anfühlen? 

Und Jesus fügt für Johannes, der ihn ja aus dem Gefängnis heraus fragen lässt, noch eine weitere Botschaft an: „Glückselig ist, wer sich nicht von mir abbringen lässt.“ Es fühlt sich so an, als würde er mit diesen Worten Johannes in seiner ausweglosen Situation Mut zusprechen: Lass dich nicht abbringen! Das was du ersehnst, wird wahr werden. Bleib dran und lass nicht locker! Bleib du der Rufer in der Wüste. 

Von ausweglosen und tragischen Situationen können Menschen auch heute viel erzählen. Diejenigen, die um Frieden in den kriegsgeschüttelten Regionen der Welt ringen; diejenigen, die unermüdlich seit Jahrzehnten auf die katastrophalen
Auswirkungen des Klimawandels hinweisen; diejenigen, die Tafeln für Obdachlose betreiben; diejenigen, die sich Tag und Nacht um Kranke und um Menschen mit Behinderungen kümmern und so viele mehr. Sie alle lassen sich nicht abbringen von dem, was ihnen am Herzen liegt. 

Manchen mögen diese Bemühungen unmöglich erscheinen, wie ein Tropfen auf dem heißen Stein. Aber wie kalt wäre die Welt ohne diese Menschen und ohne ihre beständigen Bemühungen um den langersehnten Frieden und um eine glückliche Zukunft für ihre Kinder, um das Heilwerden von Kranken und das wunderbare Gefühl vermitteln zu können einfach satt zu sein und es warm zu haben. Wie gut, dass es diese Menschen gibt! Glückselig seid ihr, die ihr euch nicht abbringen lasst! 

Dr. Gabriele Hoerschelmann, Direktorin Mission EineWelt, Neuendettelsau

Lied 420: Brich mit den Hungrigen dein Brot