Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern von Regionalbischöfin Dr. Dorothea Greiner
Das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kinder Gottes offenbar werden. Die Schöpfung ist ja unterworfen der Vergänglichkeit – ohne ihren Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat –, doch auf Hoffnung; denn auch die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick seufzt und in Wehen liegt. Nicht allein aber sie, sondern auch wir selbst, die wir den Geist als Erstlingsgabe haben, seufzen in uns selbst und sehnen uns nach der Kindschaft, der Erlösung unseres Leibes. Denn wir sind gerettet auf Hoffnung hin. Aus Römer 8, 18–25
Unser Bibelwort ist hoch aktuell, weil es das Ergehen der Schöpfung unlöslich zusammenbindet mit uns Menschen. Wenn Paulus davon spricht, dass die Schöpfung der Vergänglichkeit unterworfen wurde, dann erinnert er an die Sündenfallgeschichte: Als Adam und Eva in den Apfel vom Baum der Erkenntnis bissen und selbst bestimmen wollten, was gut und böse ist, wurde mit ihrer Ausstoßung aus dem Paradies der Acker verflucht. Dornen und Disteln soll er tragen. Schon in dieser symbolischen Urgeschichte hatte das Handeln des Menschen Auswirkungen auf die Natur.
Drei Mal wird in unserem Bibelwort die Schöpfung erwähnt: Erstens wurde die Schöpfung wie der Mensch der Vergänglichkeit unterworfen. Zweitens aber „wird sie frei werden von der Vergänglichkeit zur herrlichen Freiheit der Kinder Gottes“. Nicht nur wir Menschen sind durch Jesus Christus erlöst und gehen auf die Erfahrung vollständiger Erlösung in der Ewigkeit zu, sondern auch die ganze Schöpfung.
Ich habe die Erlösung in und durch Jesus Christus lange zu klein gedacht, indem ich sie allein auf den Menschen bezog. Nicht nur die Sünde, sondern auch die Erlösung hat eine kosmologische – die ganze Schöpfung umfassende – Dimension.
Und drittens schildert Paulus, dass „die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick seufzt und in den Wehen liegt“ und er fügt hinzu: „auch wir“. In der Sehnsucht nach vollständiger Erlösung – wenn „Gott abwischen wird alle Tränen“ – sind wir mit der Schöpfung zusammengebunden.
Doch die Schöpfung ersehnt, „dass die Kinder Gottes offenbar werden“. Das zielt auf uns: Durch Jesus sind wir befreit zu neuem Leben. Während Adam und Eva selbst wissen wollten, was gut und böse ist, richten sich die von Christus Erlösten an dem aus, was Gott will. Die Kinder Gottes werden alle „offenbar“ im Himmel. Aber jetzt schon sind sie erkennbar an ihrer Lebensweise. Dazu gehört auch die Freiheit, manches zu lassen, was der Schöpfung schadet.
Da fängt jeder und jede wahrscheinlich mit etwas anderem an: Eine verzichtet auf Urlaubsflüge, ein anderer reduziert seinen Fleischkonsum; mancher legt einen insektenfreundlichen Garten an. Einmal damit begonnen, macht der Erhalt der Schöpfung Freude. Christus befreit durch seinen Geist. Durch ihn haben wir nicht nur Hoffnung auf „einen neuen Himmel und eine neue Erde“; wir haben auch Hoffnung für diese Erde.
Dr. Dorothea Greiner, Regionalbischöfin in Bayreuth
Lied 652 Du schufst, Herr, unsre Erde