Vertrauen auf die Rückkehr des Wassers

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Editorial im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern von Inge Wollschläger

Zwei junge Männer stehen an einem Strand. Es ist kein geschniegelter, aufgeräumter Ort, wo im Sommer Strandliegen und Sonnenschirme stehen würden. Hier sieht es wild und rau und zerklüftet aus.

„Schau mal“, sagt der eine zum anderen und deutet nach unten. Da liegt etwas in einer Pfütze, was aussieht wie eine Qualle, in die jemand noch versucht hat, eine Blume unterzubringen. „Das ist eine Seeanemone“, stellt der eine dem anderen dieses Blumentier vor. Das Wesen im Sand ist wunderschön, kleine blaue Tentakel bewegen sich leicht im wenigen Wasser der Pfütze. „Aber es ist gerade Ebbe. Das Dings da könnte austrocknen!“ „Nein“, sagt der andere. „Die Seeanemone ist vom Wasser her geschwemmt worden und jetzt wartet sie, dass das Wasser und sein Futter mit der nächsten Flut wiederkommen. Es ist alles okay“. „Aber“, sagt sein Freund. „Wie kann die Seeanemone sicher sein, dass das Wasser wiederkommt und damit auch seine Nahrung?“

„Vertrauen!“, sagt der Freund. „Jedes Mal aufs Neue. Das Wasser wird zurückkommen!“ „Und wenn sie nun falsch liegt?“ „Keine Ahnung! Das ist noch nie passiert. Warum sollte es ausgerechnet jetzt sein?“

Was einer Seeanemone spielend zu gelingen scheint, funktioniert bei uns Menschen nicht ganz so gut. Wir kennen alle „wenns“ und „abers“ und „das kann gar nicht so funktionieren“. Um uns und in uns ist ein riesiger, lebhafter und oft aufgewühlter Ozean – um bei diesem Bild zu bleiben. Vertrauen und Glauben, dass alles einfach gut wird – da sind wir skeptisch. Oft genug haben wir Erfahrungen gemacht, wie es aus unserer Sicht eben nicht gut wurde. Wie unsere inneren Prophezeiungen wahr wurden.

Es braucht ein Vertrauen – wie bei diese Seeanemone – die verinnerlicht hat: Das Wasser wird irgendwann wieder zurückkommen und mit ihm kommt noch alles andere, was ich zum Leben brauche. Warum sollte es bei uns Menschen anders sein?

Vertrauen in die Zukunft bedeutet nicht, dass es keine Herausforderungen oder Rückschläge geben wird. Wir aber haben einen Gott, über den im Monatsspruch November geschrieben steht: „Er allein breitet den Himmel aus und geht auf den Wogen des Meers. Er macht den Großen Wagen am Himmel und den Orion und das Siebengestirn und die Sterne des Südens (Hiob 9, 8–9).