Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern über die Verheißung an Abram
Es begab sich, dass zu Abram das Wort des Herrn kam in einer Erscheinung: Fürchte dich nicht, Abram! Ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn. Abram sprach aber: Herr Herr, was willst du mir geben? Ich gehe dahin ohne Kinder und mein Knecht Eliëser von Damaskus wird mein Haus besitzen. Und siehe, der Herr sprach zu ihm: Er soll nicht dein Erbe sein, sondern der von deinem Leibe kommen wird, der soll dein Erbe sein. Und er hieß ihn hinausgehen und sprach: Sieh gen Himmel und zähle die Sterne; kannst du sie zählen? Und sprach zu ihm: So zahlreich sollen deine Nachkommen sein! Abram glaubte dem Herrn, und das rechnete er ihm zur Gerechtigkeit.
aus 1. Mose 15, 1–6
Abram tritt im 12. Kapitel des 1. Buches Mose unvermittelt in das Weltgeschehen. Ein wohlhabender, erfolgreicher Stammesanführer; mit seinen Leuten lebt er in einer fruchtbaren Gegend, im Zweistromland bei Ur in Chaldäa. Er geht ihm eigentlich gut. Kein Grund, etwas zu ändern.
Da erreicht ihn der Ruf Gottes: Mach dich auf den Weg in ein neues Land, das ich dir zeigen werde. Aus dir soll ein großes Volk hervorgehen. Ich will dich segnen, und du sollst ein Segen sein. Der Segen, auf den Abram hofft, ist Nachkommenschaft. Diese blieb ihm bislang versagt. Nachkommenschaft hieß: es geht weiter. Für die Zukunft ist gesorgt, für den Bestand des Stammes.
Abram macht sich auf den Weg in das ferngelegene Land, aber seine Geduld wird auf eine harte Probe gestellt. Und da hinein spricht unser Text: Bekümmert schaut er auf seine Situation. Für wen soll das alles gut sein? Für welche Zukunft? Gott wiederholt seine Zusage und kleidet sie in ein Bild – schau auf die Sterne am Himmel! Und dann der berühmt gewordene Satz: Abram glaubte dem Herrn, und das rechnete er ihm zur Gerechtigkeit.
Ich bin selbst Großvater und schaue manchmal mit Sorge auf die Zukunft, die vor meinen Enkeln liegt. Unter welchen Bedingungen werden sie leben, zugespitzt gesagt: unter Faustrecht oder unter Nächstenliebe?
Abram verlässt sich nicht auf seinen Besitz, sein Ansehen oder seinen Einfluss. Sein Maßstab liegt jenseits dessen, was er selbst hätte erreichen können. Er lässt sich auf die Zusage ein, die er hört. Gottes Zusage. Er glaubt dem Herrn. Sein Vertrauen legt er in diese Zusage, seine Zukunft, seine Hoffnung. Und das „rechnet Gott ihm zur Gerechtigkeit an.“ Mit anderen Worten: deshalb war er Gott recht. Vertrauen ist das Schlüsselwort, die Hoffnung, die ich auf den anderen setze, auf Gott. Und dann kann ich weitergehen. Meinen Kontakten und Aufgaben nachkommen. Ich kann der Zukunft Raum geben, dem Zusammenleben, der Fairness, der Moral, der Gerechtigkeit. Denn ich muss nicht krampfhaft das Eigene verteidigen und alles absichern wollen. Ich muss nicht „der Ökonomie“ das Diktat überlassen.
Wo soll und wo kann sich das bewähren? Im Alltag. Von Abram können wir abschauen, wie das gehen kann mit dem Vertrauen auf Gott. Die Fragen und Probleme sind damit noch nicht gelöst. Aber ein Impuls ist gesetzt, der nach vorn weist, weiter als meine eigenen Möglichkeiten.
Nicht von ungefähr erinnert Paulus im Römerbrief an Abraham, genau mit diesem Gedanken: „Denn was sagt die Schrift? ‚Abraham hat Gott geglaubt, und das wurde
ihm zur Gerechtigkeit gerechnet.‘“ (Röm. 4, 3). Bleibe nicht an der Angst um dein Eigenes kleben. Mit Gott bis du besser dran. Er öffnet dir den Blick für die anderen, auch für Nachkommen, für Kinder und Enkel. Und um die geht es. Ganz pragmatisch.
Dekan Uland Spahlinger, Dinkelsbühl
Lied 428: Komm in unsre stolze Welt