Salz und Licht durchdringen die Welt

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Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern über Salz und Licht der Welt

Ihr seid das Salz der Erde. Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen? Es ist zu nichts mehr nütze, als dass man es wegschüttet und lässt es von den Leuten zertreten. Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter. So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.

aus Mt 5, 13–16

„Salz der Erde“ – so der Titel eines beeindruckenden Films von Wim Wenders über den brasilianischen Fotografen Sebastiao Salgado: Salgado malt in seiner Kamera einzigartige Bilder von Menschen in Extremsituationen: Ölverschmierte Feuerwehrmänner auf den Ölfeldern von Kuweit, Arbeiter in Südamerika, die riesige Lasten schleppen, Menschen auf der Flucht in Afrika: Ausgezehrte Männer und Frauen mit verhungernden Kindern. Die eindringlichen Schwarz-Weiß-Bilder gehen unter die Haut – auch Salgado selbst, bis er an der Menschheit zu zweifeln begann und selbst an psychische Grenzen kam. 

Der Film dokumentiert, wie Salgado – als Aufarbeitung seiner Grenzerfahrungen – sich den unglaublich schönen Orten dieser Welt zuwendet: Bilder, die vom kraftvollen Ursprung des Lebens zeugen, werden zur Gegenkraft des vielfältig erlebten Leides. In „Salz der Erde“ wird gezeigt, wie Salgado wieder Zugang zu dieser Kraft findet und durch ihr Licht die Realität verwandelt. 

Die Zeit Jesu wurde auch als dunkel empfunden: Israel war unter römischer Besatzung, hatte eingeschränkte politische und religiöse Freiheit. In dieser Situation sagt Jesus den Jüngern: „Ihr seid das Salz der Erde … Ihr seid das Licht der Welt.“ Nicht: „Ihr sollt Salz der Erde und Licht der Welt sein!“ – reiner Zuspruch ist das. Jesu Nachfolger haben eine Kraftressource, die von außen kommt: Salz hat Würze. Salz verliert diese Würze nicht. Das Licht in einer Stadt auf einem Berg breitet sich aus und lässt sich von der Dunkelheit nicht verhindern. Jesus sagt den Jüngern etwas zu, was ihr Leben prägen wird und nicht unterdrückt werden kann: Salz hat Kraft. Licht hat Kraft. Es breitet sich aus, wenn es brennt. Das ist der Status der Jünger – einfach, weil sie mit Jesus verbunden sind. Sie sind
es: Voll und ganz, hier und jetzt.

Salgado entdeckt in der Schöpfung eine Kraft, die den bedrückenden Bildern menschlichen Leides etwas entgegensetzt. So ist es bei Jesu Jüngern auch: Sie haben Zugang zu einer Ressource, die Kraft hat, die Welt zu verändern. Und ihnen ist eine verändernde Kraft zugeeignet. 

Die Nachfolge setzt die Welt in ein anderes Licht: Eine Kraft, die damit rechnet, dass Gottes Reich sich zeigt und schon da ist mitten in einer bedrohten und belasteten Welt. Es ist nur natürlich, dass diese Ressource sich zeigt im gelebten Leben: „So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“ Christen sind Licht für die Welt, in der es manchmal recht dunkel zugeht. Es geht darum, dieses Licht, das die Christen nicht in sich haben, leuchten zu lassen, und die Kraft, die da ist, nicht zu verstecken.

Jörg Hammerbacher, Dekan in Weilheim