Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern über die guten alten Zeiten des Urchristentums
Die nun sein Wort annahmen, ließen sich taufen; und an diesem Tage wurden hinzugefügt etwa dreitausend Menschen. Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet. Alle aber, die gläubig geworden waren, waren beieinander und hatten alle Dinge gemeinsam. Und sie waren täglich einmütig beieinander und lobten Gott und fanden Wohlwollen beim ganzen Volk. Der Herr aber fügte täglich zur Gemeinde hinzu, die gerettet wurden.
aus Apg 2, 41–47
Damals, als Großmama und Großpapa noch lebten, das waren schöne Zeiten. Als alle Tanten jeden Samstag zu Besuch kamen und die Kinder und Enkel alle am großen Tisch im schönen Wohnzimmer sich von den Erlebnissen der Woche erzählten. Da war alles gut“, so höre ich meine Nachbarin von gegenüber oft erzählen. Sie ist selbst schon 87 Jahre alt und schwelgt sehr gerne in ihrer Jugendzeit. Denkt man aber scharf nach, dann war da Krieg.
Vertriebene suchten Unterkünfte, die Wirtschaft war am Boden und die Lebensmittel waren knapp. Das harte Leben wurde versüßt durch funktionierende Gemeinschaft. Familie und Nachbarn hielten zusammen. Wenn einer in Not kam, wurde er nicht fallengelassen. Zusammenkünfte wurden feierlich zelebriert.
Lukas, der Evangelist, nimmt uns in seiner Apostelgeschichte in die Jugendzeit der Gemeinde Jesu mit. Sie blieben bei der Lehre der Apostel und hatten Gemeinschaft. Sie feierten das Abendmahl. Wunder geschahen. Die Gemeinde hatte gemeinsamen Besitz und die Gläubigen teilten mit den Bedürftigen. Begeisterung herrschte und Aufbruchsstimmung. So war es damals.
Wir könnten meinen, es waren rosige Zeiten. Lukas, selbst voller Begeisterung für Jesus, erzählt es so. Und doch wussten damals alle, dass die Gemeinde von den römischen Machthabern bedroht war und vielen anderen Anfeindungen ausgesetzt war. Einen Gottesdienst zu feiern und sich zu Jesus zu bekennen war mitunter lebensgefährlich.
Doch der Glaube war stärker. Die Sehnsucht, Jesus nachzufolgen war größer als die Angst. Lukas, der Evangelist, zeigt uns mit seiner Schilderung der Urgemeinde ein Bild, das uns Mut machen soll, auch so zu glauben und zu handeln.
In unseren Tagen werden nicht mehr wie damals Erwachsene, sondern vor allem Kinder getauft. Bei besonderen Tauffesten feiern mehrere Familien gemeinsam oft an besonderen Orten. Neue Formen bieten neue Erlebnisse, neue Bilder, die mit tiefem Inhalt gefüllt sind. Wir sind frei, können Gottesdienste feiern und dürfen offen unsere Gebete an Gott richten. Ob dieses Bild für manche in feiner Erinnerung bleibt?
Meine Nachbarin erzählte, dass ihre Schwester bei einem schrecklichen Bombenangriff in Kassel 1944 ums Leben kam. Sie war als Jugendliche dorthin zum Arbeitsdienst eingezogen worden. Als der Krieg vorbei war und sich die ganze Familie mit der Verwandtschaft am Samstag zum Abendessen im wieder aufgebauten Haus traf, wurden noch lange Zeit zwei Gedecke mehr aufgelegt: Eins für Jesus und eins für die Schwester. Im Brotbrechen und im Gebet blieben sie verbunden.
Susanne Memminger, Pfarrerin in Bayreuth