Die Zukunft der Kirche

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Die Landessynode tagte zum ersten Mal in Präsenz in Geiselwind.Foto: McKee/ELKB
Die Landessynode tagte zum ersten Mal in Präsenz in Geiselwind.Foto: McKee/ELKB

Synode startet ihre „Zukunftssynode“ mit Blick auf die Sorgen der Gegenwart

Wenn all unser Tun auch in den kommenden Jahren mit dem roten Faden der Hoffnung verbunden wird, dann kann dies unseren Blick weiten“, sagte Landessynodalpräsidentin Annekathrin Preidel zur Eröffnung der Landessynode im mittelfränkischen Geiselwind. „Dann kann es uns gelingen, dass wir die Kirche für eine Zukunft öffnen, die wir uns momentan vielleicht noch nicht einmal in unseren kühnsten Träumen ausmalen können“, fuhr die Präsidentin am ersten Tag der Frühjahrssynode in der Eventhalle Strohofer fort; einer Synode, die sich mit dem Schwerpunktthema „Zukunft der Kirche“ beschäftigt. Dieser rote Faden der Hoffnung war ihr eigenes Zitat. „Ich habe mich immer an dem roten Seil der Hoffnung festgehalten“, bekannte sie, von dem sie bei der Konstituierung der Synode 2020  sinnbildlich gesprochen hatte. Trotz Pandemie. Nun, bei der ersten regulären Synodaltagung in Präsenz könne man den Faden gemeinsam aufnehmen.

Die Tagung der Landessynode hatte vergangenen Sonntagabend mit einem Gottesdienst begonnen. Die mehr als hundert evangelischen Kirchenparlamentarier gingen unter anderem der Frage einer zukunftsfähigen Kirche nach. Es war die erste regulären Tagung dieser Legislaturperiode mit physischer Präsenz. Dabei waren insgesamt 14 der 108 Synodalen (Zeitpunkt Redaktionsschluss) erkrankt und konnten nicht an der Präsenztagung teilnehmen. 

„Auf dieser Synode geht es um die Zukunft der Kirche, insbesondere um die Frage, was für eine Kirche es braucht, damit Menschen gerne Christen werden und bleiben“, kündigte Preidel an. Es mag an den besonders schweren Zeiten liegen, in denen sich die Kirche zur Zeit bewegen muss, dass sich die Präsidentin – und später auch der Landesbischof – sowohl in Sachen Gegenwartsbewältigung als auch bei den Zukunftsvisionen besonders stark auf den christlichen Glauben und Jesus Christus in ihren Ansprachen bezogen. „Ostern ist für mich der Schlüssel zur Zukunft unserer Kirche“, bekannte Preidel weiter. „Und weil Ostern meinen Horizont übersteigt, ermöglicht mir Ostern, weit über meinen Horizont und über den Horizont meiner Erfahrung und meiner Planung hinaus zu denken und zu hoffen.“ Die Kirche sollte mit dem österlichen Wunder  rechnen und zugleich in der Welt strategisch, pragmatisch und unaufgeregt ihren Raum und ihr Wirken gestalten

„Die letzten beiden Jahre haben uns von einem Tag auf den anderen aus dem unseligen Hamsterrad des ,Höher, Schneller, Weiter‘ unserer Gesellschaft und unseres Lebens hinauskatapultiert und auf uns selbst zurückgeworfen“, mahnte Preidel. 

Glaube als Alltagsthema

„Auf einmal waren sie wieder da, die Seuche, die Pest, die Plage, der Krieg. Mitten in Europa. Mitten unter uns. Mitten im 21. Jahrhundert. Auf einmal ist der Glaube kein Sonntags-, sondern ein Alltagsthema“, lautet die Diagnose Preidels. Kirche könne dann in der Welt und ihrer Katastrophen bestehen und für die Menschen relevant bleiben, wenn sie den Glauben im Alltag sichtbar mache und ihn lebe. „Und das wird er, wenn wir in den Stress- und Komfortzonen unseres Lebens so von Gott erzählen, dass sich die Worte und Geschichten der Bibel mit unseren eigenen Lebensgeschichten verweben und dass der rote Faden des Trostes, des Segens, der Barmherzigkeit und der Hoffnung unsere Seelen umgarnt und berührt.“ 

„Unsere Kirche wird eine Kirche mit Zukunft sein, wenn sie sich geistlich verwandelt. Sie wird inspirieren, wenn sie selbst inspiriert ist“, zeigte sich die Präsidentin zuversichtlich. Gerade in der Gegenwart, in der  „Corona der Welt ihre Verletzlichkeit vor Augen führt und ein für unmöglich gehaltener Krieg Europa schüttelt“, müsse Kirche auf ihre Schätze schauen und Zweifel an sich selbst über Bord werfen. 

Auch in einer Zeit, in der auch die evangelische Kirche erschüttert würde von Erkenntnissen über sexuelle Gewalt und dem damit einhergehenden Macht- und Vertrauensmissbrauch, sei ein Wandel angesagt. „Sexualisierte Gewalt muss konsequent und streng geahndet werden. Der Schutz der Betroffenen hat oberste Priorität“, forderte Preidel.

Bericht des Landesbischofs

„Der Bedeutungsverlust der Kirchen in der westlichen, säkularen Welt wird durch einen massiven Glaubwürdigkeitsverlust angesichts der ans Licht kommenden Missbrauchsfälle noch verstärkt“, sagte zu diesem Thema Landesbischof Heinrich Bedford Strohm in seinem Bischofsbericht. Den hielt er per Bildschirmansprache aus dem Homeoffice, denn auch er hatte Corona bekommen.

Die Kirche erlebe einen massiven Vertrauens- und Bedeutungsverlust in der Gesellschaft. „Es ist also klar, dass es gute Gründe für einen grundlegenden Umbau unserer Kirche gibt, der diese Diagnose ernst nimmt. Mit dem Prozess, Profil und Konzentration‘ (PuK) sind wir schon mittendrin“, so der Bischof. „Dieser Prozess ist mit vielen kreativen Aufbrüchen verbunden, aber eben auch mit schmerzhaften Abschieden.“ Alledem habe sich diese Synode auch weiterhin zu stellen. Zudem sei man auch auf dem Weg zu einer Bischofswahl.

Änderungen zu dieser Wahl hat die Frühjahrssynode zu entscheiden. „Die Herausforderungen, denen wir uns auf dieser Synodentagung zu stellen haben werden, sind also groß. Aber die Kraft – davon bin ich überzeugt – wird mit der Hilfe Gottes noch größer sein“, so Bedford-Strohm. „Das Thema ,Welche Kirche braucht es, damit Menschen gerne Christen werden und Christen bleiben?‘, das auf den ersten Blick für Manche nach Selbstbeschäftigung riechen mag, trifft in Wirklichkeit mitten in unsere gegenwärtige Weltsituation.“ Weitere Themen des Bischofs waren die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Kirche, der Weg zu einem neuen Klimaschutzgesetzes und der Ukraine-Krieg.

Friedensethik im Wandel

Der Landesbischof berichtete von einem Videotelefonat mit dem lutherischen Bischof der Ukraine, Pavlo Shvartz. Dieser habe schon vor dem Kriegsbeginn deutsche Verteidigungswaffen gefordert, erläuterte Bedford-Strohm: „Ich konnte seine Forderung so gut verstehen.“ Er sei inzwischen zu dem Ergebnis gekommen, dass es vor diesem Hintergrund moralisch verantwortbar sei, Defensivwaffen in die Ukraine zu liefern. Es wären wohl viele Menschen noch am Leben, hätte man diese Waffen früher geliefert.

„Für mich wird das Licht der Auferstehung auch jetzt schon sichtbar, in der Tapferkeit und Unbeugsamkeit der Menschen in der Ukraine und in den Menschen, die auch in unserer Kirche hier in Bayern und an anderen Orten Europas mit ehrenamtlichem Engagement den geflüchteten Ukrainern helfen“, bekannte der Bischof. „Es darf nicht durch Geldmangel gebremst werden.“ Deswegen warb er um die Unterstützung der Synodalen für einen Sonderfonds von zehn Millionen Euro, um das ehrenamtliche Engagement zu unterstützen.