Editorial im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern von Chefredakteur Martin Bei-Baier
Das Editorial zum Hören:
Und zum Nachlesen:
Früher hielten die Menschen die Uhren an, wenn jemand starb. … Heute bricht der Tod oft mit einer blau blinkenden und hektischen Katastrophe über Menschen herein“. Diese Sätze aus unserem Bericht über die Notfallseelsorge lassen mich innehalten.
In unserer Serie „Mitten im Leben“ berichten wir vierzehntägig über die verschiedenen Seelsorgebereiche unserer Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Die Notfallseelsorge wird meist dann gerufen, wenn jemand mitten aus dem Leben gerissen wurde. Oder wenn zu Hause ein Notfall eintritt, mitten in den Alltag. Ja, es ist oft tatsächlich so, dass ein Unfall, schlimmer noch der Tod überraschend kommt. Sei es durch einen unerwarteten Herzinfarkt oder einen Autounfall. Dann stehen die Angehörigen hilflos dieser Not gegenüber – und oft neben sich. In beeindruckender Weise wird berichtet, was heute Notfallseelsorge leistet. In einem Moment des Schreckens werden Angehörige professionell begleiten.
Ich erinnerte mich stirnrunzelnd an meine Zeit als „Notfallseelsorger“, als ich ein frischgebackener Pfarrer z.A. war. Die Notfallseelsorge steckte noch in den Kinderschuhen. Wir wurden angehalten, uns an der Notfallseelsorge im Dekanat zu beteiligen. Das hieß mehrmals im Jahr eine Woche lang 24 Stunden am Tag Notfallbereitschaft zu haben – neben dem normalen Pfarrdienst. Was, wenn man gerade Schule hielt oder eine Beerdigung?
Wir bekamen keinerlei zusätzliche Ausbildung! „Das muss ein Pfarrer können“, hieß es damals lapidar. Keine Anleitung, wie man eine Todesnachricht weitgehend schonend überbringt. Keine Anweisung, wie man sich bei einem Unfall auf der Bundesstraße verhält.
Wir bekamen den Notfallpiepser, eine Warnweste und ein Magnetschild „Notfallseelsorge“ für das Autodach. Das hielt aber die unfreundliche Polizistin damals nicht ab, mir dennoch einen Strafzettel zu verpassen, obwohl ich einen Notfalleinsatz hatte und mein Auto in der Eile falsch parkte. Die Kräfte von Feuerwehr, Rettungsdiensten und Polizei beäugten uns eher misstrauisch und behandelten uns zeitweise als Störenfriede bei ihrer Routine. „Was, da schicken die Sie, Herr Pfarrer?“, sagte ein Feuerwehrmann an einem Unfallort.
Wie gut, dass das heute komplett anders ist! Wie gut, dass sich die Kirche heute um eine gute Ausbildung für Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger kümmert.