Editorial von Inge Wollschläger im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern
Das Editorial zum Hören:
Und zum Nachlesen:
Teuer war sie damals gewesen. Alles Geld hatten sie als junges Paar zusammengekratzt, um sich den Traum einer Schrankwand in solidem Kirschbaum zu verwirklichen. Dann stand sie endlich im neu tapezierten Wohnzimmer und war wunderschön. Das Leben meinte es gut mit dem jungen Paar: Sie hatten ein kleines Haus, dazu einen hübschen Garten. In der Garage stand ein Kleinwagen und ein Kind kündigte sich an. Niemand hätte glücklicher sein können als dieses Paar. Abends saßen sie auf ihrem Sofa, schauten auf ihre schöne Schrankwand, hielten Händchen und schmiedeten Pläne für die Zukunft.
„Wenn du Gott zum Lachen bringen willst, erzähle ihm deine Pläne“, heißt ein altes Sprichwort. 30 Jahre später schaut das Paar immer noch auf die Schrankwand. Und was einmal schön und wertvoll war, ist heute ein Ärgernis. Sie würde am liebsten ein Beil nehmen und das gute Stück zerhacken. Alles an dem Anblick stört sie und passt nicht mehr zu ihr und ihrem Leben.
Er argumentiert, dass die Schrankwand noch immer „gliedgut“ wäre und außerdem viel zu wertvoll, als dass man sie „einfach so“ entsorgen könnte.
Das Leben verändert Menschen. Freundschaften, Gegenstände und Lebenskonzepte unterliegen dem Wandel. Was einem einmal diente und großartig war, kann irgendwann einen lähmen, stören oder traurig stimmen.
Abschied nehmen und loslassen schmerzt. Will man das Vertraute wirklich so verlassen oder entsorgen? Vor allem, wenn man den Preis kennt, den es gekostet hat. Was kommt dann? Ich darf mich fragen: „Was bin ich denn für ein Mensch, wenn ich mir erlaube, mich neu einzurichten und das Alte aussortieren möchte? Wie lange macht mich dann das Neue glücklich und geht das überhaupt? Besteht das Leben aus einer Reihe von Abschieden oder von Neubeginnen?
Im Falle des Paares mit der Schrankwand ist noch ungewiss, wohin die Reise geht.
Vielleicht ist diese aktuell wieder stiller werdende Zeit mit all den neuen Einschränkungen ein Zeitpunkt, in sein Herz zu hören. Beim Wandel im Leben geht es ja meistens nicht um Schrankwände. Es geht oft um einen leisen Ruf, wohin uns Gott zukünftig stellen möchte, oder?
Inge Wollschläger, Mitglied der
Redaktionskonferenz