Botschaften des bunten Osterschmucks

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Susanne Borée Editorial in der Frühlingshoffnung

Österlicher Kommentar im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern von Susanne Borée

Die Sehnsucht nach Farben in der erstarrten Vorfrühlingswelt – das rufen uns auch die grellbunten Plastikeier zu: Sie erblühen seit der Mitte der Passionszeit an vielen dürren Hecken und kahlen Ästen. Während anderswo nach den ersten Frühblühern Osterglocken und Stiefmütterchen Akzente setzen, sind die Plastikeier preiswerter, witterungsbeständiger und wieder verwendbar. Alles unüberbietbare Vorteile bei wenig Zeit und Energie, so sagen sie es mir!

Sie fallen auch deutlich mehr ins Auge als Eier, die mit dezenten Pastelltönen mit Teesatz oder Zwiebelschalen gefärbt sind. Diese bieten nur wenig Kontrast zur tristen Natur des Vorfrühlings. Und natürliche Eierschalen sind viel zerbrechlicher als Plastik.

Dabei lassen sich Eierschalen durchaus aufwändig und fantasievoll bemalen. So erreichte mich das Foto eines Osterstraußes, an dem kunstvoll Gitarren und Trompeten auf die Eierschalen aufgepinselt waren. Nicht schwer zu erraten, welche Interessen mein Bekannter pflegt. Wer sagt da noch, dass ein Osterbrauch unpersönlich sein kann! 

Doch ein Windstoß – und das zerbrechliche Kunstwerk ist hin! Das ist alles noch fragiler als Glaskugeln am Weihnachtsbaum. So wie diese zum Christfest den Paradiesapfel versinnbildlichen wollen, so zeigen die Ostersträuße die Freude über das Wiedererwachen der Natur und die Auferstehung Jesu: Die zunächst kahlen Zweige sollen bis Ostern neues Leben ins Haus tragen. Nun zeigt sich draußen überall die erste Ahnung des Grüns: In der wärmeren Wohnung entfalten sich die Blätter schnell – und verwelken. Nicht nur die Eierschalen verdeutlichen damit die Zerbrechlichkeit des Lebens. 

Bei solch edlen Bildern wie der Gitarre hängen die Eier sicher länger am Strauß – das Foto erreichte mich bereits einige Zeit vor Ostern. Auch bei den bunt geschmückten Osterbrunnen gerade in Franken ist der Schmuck äußerst aufwändig – und bleibt an vielen Orten an immer weniger Händen hängen. So lässt sich der Osterschmuck auch als Sinnbild für aktuelle Veränderungen sehen. Seit jeher sind Eier ein Sinnbild für neues Leben aus einer scheinbar erstarrten Schale. 

Zum Glück herrscht Ostern immer noch deutlich weniger Kommerz als zu Weihnachten – auch wenn der Tausch von Schoko-Ostereiern zum guten Ton gehört. 

Doch berührt mich die Gitarre auf dem Ei sehr – auch wenn sie wenig mit der Auferstehung zu tun hat. Schließlich fragen wir uns auch nicht zum Christfest, was Rentiere und Wichtel mit der Geburt Jesu zu tun haben sollen! Erwarten wir etwa mehr von Ostern?

Da sagen die Ostereier nicht nur bei meinem Bekannten viel über die Persönlichkeit aus. Welches Motiv würde ich gerne am Osterstrauß haben – wenn ich geschickt genug dazu wäre? 

Und was bringen uns die vielfältigen Keimzellen des Lebens in diesem Jahr, das von einer Krise zur nächsten zu hetzen scheint? Welche Hoffnung kann es da noch geben? Nach dem ersten Viertel dieses Jahres ist noch so vieles offen und voller Erwartung – wie es wohl selbst die Plastikeier ausdrücken wollen.