Gedenken und Klage

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Editorial im Evangelischen Sonntagsblatt von Susanne Borée zum Sonntag Reminiszere

Nein, es macht einfach keinen Spaß mehr! Wie viel Leid allein in dieser Sonntagsblatt-Ausgabe versammelt ist! Es scheint alles zusammen zu kommen: 

Zu diesem Sonntag Reminizsere (übersetzt: Gedenke oder Erinnere dich) steht Armenien im Mittelpunkt. Fast schon vergessen ist, dass Ende September 2023 die armenische Bevölkerung der Enklave Berg-Karabach von den siegreichen Aserbaidschanern vertrieben wurde. Rund 110.000 Menschen mussten innerhalb weniger Stunden fast alles verlassen – nicht nur ihre Häuser und Felder, da die Bevölkerung meist in der Landwirtschaft arbeitete. Auch die Gräber ihrer Angehörigen, ihre Kirchen und Klöster sind für sie nun unerreichbar. 

Sie konnten nur mitnehmen, was sie tragen konnten oder höchstens das, was in ihr Auto neben allen Familienangehörigen passte. In Armenien wurden sie notdürftig untergebracht. Den kalten kaukasischen Winter überlebten sie oftmals in notdürftigen Unterkünften. In ihnen konnten sie sich die auch dort deutlich gestiegenen Heizkosten oft kaum leisten (Seite 6 und 7).

Außerdem jährt sich an diesem Wochenende der Ausbruch des Ukraine-Krieges schon zum zweiten Mal. Da werden sicher wieder unzählige Bilder von Vertreibung und Zerstörung, Gewalt und Leid in die Wohnzimmer dringen.

Kaum eine Woche später, am 1. März, steht Palästina im Mittelpunkt des Weltgebetstages der Frauen. Zu diesem Anlass gibt es eine „Geschichte und Hintergründe des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern“. Schon lange vor dem 7. Oktober, an dem die Hamas erneut Israel angriff, war Palästina als Weltgebetsland ausgewählt. Das deutsche Komitee hat aktuell die Gottesdienstordnung angepasst (Seiten 3, 8 und 9).

Und dabei haben wir noch nicht einmal die weiteren unzähligen Krisen und Konfliktherde weltweit im Blick: Klimawandel und Hunger in Afrika. Die Flüchtlinge, die vor den Kämpfen zwischen der Armee und Milizen im Sudan fliehen und in den Nachbarländern nur Hunger und Not finden …

Uns macht der Blick auf all die unlösbaren Krisen und Konflikte aus der Ferne keinen Spaß mehr – aber was ist mit den Menschen, die sie erleiden müssen? Dieser
2. Sonntag der Passionszeit trägt seinen Namen nach den lateinischen Eingangsworten des Psalms: „Denk an dein Erbarmen, Herr!“ Es bleibt nur die Klage!