Wie soll ich dich empfangen …

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Weihnachtlich geschmückter Treppenaufgang im Rothenburger Wildbad.
Weihnachtlich geschmückter Treppenaufgang im Rothenburger Wildbad. Foto: Borée

… und bin ich überhaupt bereit dazu? Adventlicher Cursillo im Rothenburger Wildbad

„Allmächtd, der Thomas ist da.“ In übertriebener Geste breitet der Freund die Arme aus. Was macht das mit dem Begrüßten? Fühlt er sich willkommen? Oder abgestoßen von zu viel Begeisterung?

Natürlich war dieser Empfang künstlich! Schließlich gehörte er zu einem Anspiel von verschiedenen Begrüßungsszenen: Mit ihnen sah sich ein Teilnehmer konfrontiert. Von der beschriebenen überströmenden Herzlichkeit bis zu einem genervten Blick auf die Uhr. 

Am zweiten Adventswochenende fand wieder der „Cursillo“ im Rothenburger Wildbad statt – ein kleiner Glaubenskurs oder besser ein Treffen in trauter Runde, um gemeinsam über Glaubenserfahrungen zu reden. Zweimal im Jahr kommen dazu etwa 20 bis 30 Menschen dort zu einem Wochenende für eine Auszeit zusammen. Oft sind immer wieder die gleichen Teilnehmenden dabei – dann aber auch wieder weitere Neugierige. Ein ebenfalls wechselndes Team von meist etwa fünf Menschen kümmert sich um die Vorbereitung der Cursillo-Wochenenden. Es geht ihnen besonders um die Atmosphäre, um einmal gemeinsam zur Ruhe zu kommen.

Wie wirken Begrüßungen?

Diesmal ging es gut adventlich um das Thema „Wie soll ich dich empfangen?“ In kleinen Gesprächskreisen ging es dann um die Wirkung dieser Begrüßungsszenen. Auch seine Frau, die er übrigens im Cursillo kennengelernt hatte, kam ihm mit weit geöffneten Armen entgegegen: „Schön, dass du da bist.“ Da ging ihm sichtlich das Herz auf. Er fühlte sich „sofort angekommen“.

Natürlich sollte es so sein – als Impuls über das eigene Nachdenken über persönliche Begrüßungsformen oder dem Umgang mit einer Begrüßung. „Es geht nicht um die Form, sondern die Haltung dahinter“, so ein weiterer Tischnachbar. 

„Jeder, der will, bringt sich ein“, hatte mir ein Teammitglied vorab erklärt. Schließlich war ich neu in der Runde. „Es ist auch Schweigen möglich.“ Ganz unterschiedliche Menschen konnten sie immer wieder begrüßen: Selbst einen Buddhisten, der dann sogar wieder kam. Oder Ehemänner von Cursillo-begeisterten Frauen. „Einmal musst du mit“, so wurden sie den Zeugenaussagen zufolge motiviert – und kamen sogar wieder. Offenbar hatten sie sich von der Art des Willkommens aufgenommen gefühlt.

Doch zurück zu der Gesprächsrunde: Wie begegnet mir Gott im anderen? So lautete der weiterführende Impuls. Vielleicht sogar in anderen Menschen, die mit der Religion oder der Kirche kaum etwas anfangen können. So berichtete ein ehemaliger Mitarbeiter im weltweiten Außendienst von Mission Eine Welt: Er hatte mit einem Ingenieur aus Leipzig in Papua-Neuguinea zusammengearbeitet. Dieser hatte mit der Religion eher wenig am Hut gehabt und sich zufällig in der Missionsarbeit verirrt. Dennoch habe seine Sicht darauf auch etwas Erfrischendes und Aufbauendes gehabt.

Emotionales willkommen heißen

„Es hat geweint“, gab eine weitere Frau im Kreis einen neuen Impuls. Sie berichtete von ihren Kirchentagserfahrungen, die sie sehr emotional berührt hatten. Schnell kreiste das Thema um solche herausgehobenen Ereignisse des kirchlichen Lebens: Da gibt es einen Raum der Begegnung ohne Verstellung zwischen Menschen, die einander vorher komplett unbekannt waren. Ähnlich auch bei diesen Cursillo- Wochenenden. 

Oder bei einer „Kirche der Gelegenheiten“ – wenn ein informeller Austausch zu Kirchenvertretern auch im Alltag möglich ist. Müssen sie dazu immer auch in der Freizeit – selbst im Schwimmbad oder Fitnessstudio – ansprechbar und „auf Empfang“ sein? Als Zwang wohl nicht, eher als innere Haltung.

Auch bei Menschen in der eigenen Umgebung, die vielleicht einmal gerne nerven, gelte es, nicht zu sehr über die jeweiligen Intentionen hinein zu interpretieren: Vielleicht lassen sich vermeintlich böse Absichten als Unsicherheit verstehen.

Offener Begegnungsraum

Auch eine Cursillo-Begeisterte, die sich selbst in ihrer Gemeinde im Team der „Offenen Kirche“ kurz am Sonntagnachmittag engagiert, berichtete von überwältigenden Erfahrungen: Diese auch gerade mit Touristen, die sich eigentlich nur mal den Gottesraum ansehen wollen. Sie habe immer je nach Außentemperatur eine Karaffe mit kühlem Wasser oder eine Thermoskanne voller Tee dabei. 

Oft komme sie im Gespräch zu einer Frage, die die Besucher dann offenbar schon länger umtreibt. „Dabei vertrete ich nicht immer offizielle Auslegungen, sondern ich berichte es so, wie ich es sehe.“

So könne dann sogar Gemeinschaft vor und mit Gott entstehen. Dazu konnte die gesamte Runde nicken. „Es lassen sich Türen öffnen, auf die ich selbst nicht gekommen wäre“, ergänzte eine andere Teilnehmerin. Offenbar standen an dem Vormittag alle Antennen auf Empfang. Immer wieder setzte gemeinsames Singen dabei Ruhepunkte. Zwei Teilnehmer begleiteten es herzerwärmend am Klavier und mit der Querflöte.

„Die Bibel lesen wir wie wir einen Apfelbaum ernten. Was für mich reif ist, pflücke ich.“ Mit diesem abschließenden Impuls, der von Martin Luther stammen soll, ging es dann in die Mittagspause. 

Am Nachmittag ließ sich dann in kleinen Gruppen das Wildbad entdecken oder kreativ mit den eigenen Gedanken umgehen. Das gesamte Wochenende war von geistlichen und persönlichen Impulsen umrahmt. Und von der Frage getragen, ob ich überhaupt bereit dazu bin, Gott in meinem Leben zu empfangen.

=> Mehr Infos unter https://wildbad.de