Die Freude an Christus

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Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Andacht zum 4. Advent von Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm für das Sonntagsblatt

Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Eure Güte lasst kund sein allen Menschen! Der Herr ist nahe! Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden! Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, wird eure Herzen und Sinne bewahren in Christus Jesus.

Philipper 4, 4–7

„Wieviel mal noch schlafen?“ In der Frage steckt alle Spannung und Vorfreude, die Kinder haben, wenn sie auf Weihnachten warten. Bei Kindern ist Weihnachten mit Freude verbunden, über die Geschenke, über das Zusammensein mit lieben Menschen, auf die Lichter, auf Zeit für Spielen, auf Geheimnisvolles. 

Bei vielen Erwachsenen jedoch rühren sich in der Zeit zwischen dem vierten Advent und Weihnachten eher ambivalente Gefühle und Gedanken. Vorfreude auf ein schönes Fest, ja. Zugleich Sorge, ob man es vorher noch schafft, alles zu erledigen. Sorge, ob das Weihnachtsfest wirklich Fest der Freude für alle wird oder eher Sprengstoff für Familienkonflikte, die sich am Weihnachtsabend zeigen. Bedenken, ob man sich überhaupt freuen darf und feiern angesichts der vielen Probleme und Krisen dieser Welt. 

Freude kann man nicht verordnen, Sorglosigkeit nicht erzwingen, Dankbarkeit nicht künstlich herstellen. Gleichwohl klingen die Worte aus dem Philipperbrief wie ein Glücksratgeber zu Weihnachten: Freut Euch! Zeigt den Mitmensch-
en Eure Güte und Freundlichkeit! Sorgt Euch um nichts! Dankt Gott! Vertraut auf Gottes Frieden, den wir mit Vernunft nicht begreifen können! 

Der Aufruf zur Freude zieht sich durch den ganzen Philipperbrief, es ist Paulus‘ Grundrezept. Was sich liest wie ein Handbuch zum Glücklichsein, hat mit den Fastfood Glücksratgebern dieser Welt wenig zu tun. Paulus schreibt hier von einer anderen Art Freude, der Freude in Christus: Sie liegt tiefer als menschengemachte Freude, sie ist Grundvertrauen christlicher Existenz. Sie ist nicht abhängig von äußeren Ereignissen und Taten, vielmehr kann sie sich immer und überall zeigen, erfahren und gelebt werden, auch in schwierigen und bedrängten Situationen, auch da, wo wir nicht damit rechnen. 

Mich tröstet und ermutigt das. Auch wenn die Anfeindungen und Krisen dieser Welt derzeit groß sind, dürfen wir die Freude in Christus leben und feiern. Dadurch klingen die Worte aus dem Philipperbrief tatsächlich wie eine Anleitung zum Glücklichsein. Sie sind wie ein Geschenk, auf das ich mich freue, wie Kinder auf Weihnachten. Das mir zugleich hilft in diesen Tagen, gut mit mir und anderen Menschen umzugehen. 

Weihnachten ist ein Fest, an dem wir Paulus‘ Anleitung zum Glücklichsein einüben können, durch die Lieder, die uns zurufen: Nun freut euch ihr Christen. Durch Geschenke, in denen wir anderen unsere Liebe zeigen. Durch Taten, in denen wir anderen unsere und Gottes Freundlichkeit zeigen. Durch Gebete, in denen wir Gott für unser Leben danken. Durch Musik, durch Lachen, durch Stille und durch die Bereitschaft, sich überraschen zu lassen von der Erfahrung, dass Gottes Frieden höher ist als alle unsere Vernunft. 

Wie viele Nächte noch schlafen, bis Gott kommt? Wir wissen es nicht. Aber wir feiern an Weihnachten, dass er in diese Welt kommt. Machen wir uns bereit, wie Paul Gerhard es in seinem Lied besingt: „Wie soll ich Dich empfangen?“

Landesbischof Heinrich Bedford Strohm

Lied 11: Wie soll ich dich empfangen