Wurzeln des Weihnachtsfestes

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Das Zinnfigurenmodell vom Weihnachtsmarkt.Foto: Rehm (Bibelmuseum)
Das Zinnfigurenmodell vom Weihnachtsmarkt.Foto: Rehm (Bibelmuseum)

Sonderausstellung im Bibelmuseum zeigt Ursprünge der Traditionen zum Christfest

Nürnberg. Wo und wann erblickte Jesus das Licht der Welt? Können wir uns eine Weihnachtskrippe heute ohne Stall kaum noch vorstellen, so steht dennoch davon nichts in der Bibel: Lukas erwähnt die Futterkrippe, in die Maria den Neugeborenen legte. Tiere waren wohl nicht dabei. Ochs und Esel stammen wohl aus der Klage des Propheten: „Ein Ochse kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Herrn: aber Israel kennt‘s nicht“ (Jesaja 1, 3) Matthäus legt sich örtlich nicht fest: Er hat nur Bethlehem und den Stern im Blick.

Sonnengott und Weltlicht

Damit beginnt die Weihnachtsausstellung des Nürnberger Bibelmuseums. Sie wirft einen Blick auf die Entstehung und Geschichte des Weihnachtsfestes. Sie zeigt weiter, welche Wurzeln die Traditionen des Weihnachtsfestes beeinflussten: „Der 25. Dezember war ein heidnisches Fest, der Geburtstag des Sonnengottes, der als ‚Sol Invictus‘ Staatsgott des Römischen Reiches war“, erzählt Kurator Sven Lichtenecker. Nachdem Kaiser Konstantin zum Christentum übertrat, lief Christus dem Sonnengott den Rang als Schutzpatron ab und übernahm sogar dessen Geburtstag. Auch das germanische Julfest fand um die Wintersonnenwende statt.

Deutlich wird das in der Ausstellung an Objekten, die den antiken Festkalender zeigen und Münzen mit dem Porträt des Kaisers Konstantin. Sie zeigen ursprünglich den Sonnengott, der aber allmählich christlichen Motiven weicht. 

Sicherlich nicht erblickte Jesus in der Nacht zum 25. Dezember das Licht der Welt. „Das Lukasevangelium erzählt von Hirten auf dem Feld, aber im tiefsten Winter sind auch in Bethlehem keine Hirten auf Feldern unterwegs.“ So das Bibelmuseum.

Daneben zieht die Ausstellung aber auch Verbindungslinien zu jüdischen Geschichten der Stärkung der Schwachen „die sich mit der Hilfe Gottes gegen die Mächtigen behaupten“, ergänzt Lichtenecker. Damit schlägt die Bibelausstellung eine Brücke zur jüdischen Tradition. So wurde an Chanukka der jüdische Tempel in Jerusalem nach seiner Schändung wieder eingeweiht. Durch Gottes Hilfe soll das übrig gebliebene geweihte Öl für den siebenarmigen Leuchter anstatt für einen Tag ganze acht Tage lang gereicht haben. Dann konnte neues geweihtes Öl hergestellt werden.

Und in welchem Jahr erblickte Jesus das Licht der Welt? Da scheinen sich die Bibelstellen zu widersprechen (siehe oben): Die Konstellation für den Stern von Bethlehem hält sich nur wenig an die Regierungsdaten der Herrscher oder an eine Volkszählung.  

Natürlich ist das keine neue Erkenntnis. Aber gut, es sich immer wieder neu bewusst zu machen. Der interaktive und gut begreifbare Zeitstrahl hilft dabei. 

Wie zählen wir die Zeit?

Es ist ja bekannt, dass das Datum der Geburt Jesu erst Jahrhunderte später festgelegt wurde. Die ersten Christen hatten keinerlei Bedarf an einer neuen Zeitrechnung. Schließlich zählte die ganze Welt nach der Gründung Roms. Erst nach dem Untergang des weströmischen Reiches war es damit vorbei: Der Mönch Dionysius Exiguus soll um das Jahr 525 beides miteinander in Beziehung gesetzt haben. Nun schlüpfte Rom 753, also sieben, fünf, drei vor Christus aus dem Ei – sicher auch damals und ohne Reim gut zu merken!

Dagegen zählte Gregor der Große (Papst von 590–604) die Jahreszahlen gemäß der jüdischen Tradition: Deren Zeitrechnung begann mit der Schöpfung. Doch im Gegensatz zur jüdischen Festlegung, die den Weltenbeginn ins Jahr 3761 vor unsere Zeitrechnung datiert, kam Gregor der Große auf das Jahr 5151 vor Christi als Schöpfungsdatum. 

Die Karolinger hielten es dann mit der Geburt Jesu. Doch blieb auch Gregors Autorität bestehen. Erst im Laufe des Mittelalters wurde unsere heutige Zeitrechnung allgemein üblich. Nur ein Zufall, dass gerade zum Beginn des Zeitalters der Kreuzzüge, die in neuer Form antijüdische Gewalttaten hervorbrachten, auch die Zählung nach der Schöpfung ins Hintertreffen geriet? 

Diese Zusammenhänge erwähnt die Ausstellung im Bibelmuseum nicht, da könnte sie auch ein wenig mehr in die Tiefe gehen. Doch wollen wir auch nicht jeden Christkindlesmarkt-Besucher, der mal zwischendurch ein wenig Ruhe finden will, überfordern. 

Zuckerguss entfernen trotz Christrkindlesmarkt

Sven Lichtenecker setzt sich dafür ein, einen Teil des traditionellen „Zuckergusses“ rund um das Christfest zu entfernen, um wieder zum Kern vorzudringen. Entscheidend sei, dass Gott Mensch wird, um zu sterben und aufzuerstehen. So schließe sich der Kreis der Evangelien: „Am Ende bekommt Weihnachten seinen Sinn von Ostern her.“ 

Dennoch war der Auslöser für die Weihnachtsausstellung im Bibelmuseum Bayern herzerwärmend: Museumsleiterin Astrid Seichter fand zufällig in einem Nürnberger Antiquitätengeschäft ein Zinnfigurenmodell des Christkindlesmarktes aus den spätern 1930er Jahren mit Marktbuden, dem Schönen Brunnen, der Frauenkirche, Bäume und Menschen im Schnee. „Möglicherweise wurden diese Modelle damals im Auftrag der Stadt hergestellt als Geschenk für bedeutende Besucher“, vermutet Sven Lichtenecker. 

Sie verliebte sich gleich in die Darstellung einer idealen Weihnachtszeit. Das Nachdenken über die Traditionen des Christfestes im Bibelmuseum entstand also in Auseinandersetzung mit diesen Zinnfiguren und dem Christkindlesmarkt.

 

Die Schau ist bis 2. Februar (Lichtmess) im Bibelmuseum am Lorenzer Platz 10 zu besichtigen. Geöffnet dienstags bis freitags 10–17 Uhr, am Wochenende 11–18 Uhr. Weihnachten und Silvester geschlossen. Eintritt zu 6 Euro. Mehr: Tel.: 0911/477789-400 oder https://bibelmuseum.bayern