Gemeinsam aktiv für ein Ziel

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Inge Wollschläger Editorial Hintergrundbild Kraus

Editorial von Inge Wollschläger im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Vor mehr als vier Jahren lernten wir uns kennen. Damals tauschten wir drei Frauen Telefonnummern aus, um miteinander über eine gemeinsame Bekannte auf dem Laufenden zu bleiben. Diese wurde mit über 80 Jahren zusehends pflegebedürftiger und gebrechlicher. Ihr Wohl und Wehe lag uns allen am Herzen und so lernten wir uns über Telefonanrufe und E-Mails kennen. Es begann eine Art Bündnis, das von großem Wohlwollen, Freundlichkeit und Wertschätzung geprägt war und ist. 

Wir blieben in losem Kontakt miteinander, obwohl wir alle nicht unterschiedlicher hätten sein können: Die eine wohnt weit weg an einem oberbayerischen See. Unseren Pflegling hat sie nie persönlich getroffen. Und doch telefonierten sie über Jahre jeden Tag miteinander. Die Frau am See übernahm den Kater Paul unseres Zöglings, als diese ins Seniorenheim musste. Über die Jahre wurden die Telefonate immer anstrengender, denn es galt, die immer düstere Lebensstimmung aufzufangen. 

Mit der anderen traf ich mich in unregelmäßigen Abständen auf eine „Stehwurst“ auf dem Marktplatz, um uns miteinander – auch in Coronazeiten – zu beraten. Hin und wieder auch, um darüber zu reden, wie anstrengend die He-
ge unseres Schützlinges doch sei und wie fordernd sie wäre. Anschließend kümmerte sie sich um ihre Finanzen und geschäftlichen Briefwechsel. Dafür reiste sie aus einer weit entfernten Stadt an. 

Wir waren ein eingespieltes Team, obwohl wir uns vorher nie begegnet waren, große Altersunterschiede uns trennten und wir alle zusammen uns nie in diesem Leben treffen werden. Und doch fanden wir uns und waren für einen Menschen da.

Nun ist unser Schützling verstorben – das aus der Not geborene Bündnis wird bestehen bleiben. Sicherlich nicht mehr in der Häufigkeit, aber im Gefühl sicherlich. Durch diese Begegnungen habe ich einr für mein eigenes Leben gelernt: Wenn es eine Not gibt, wird es Menschen geben, die auf einmal da sind. Egal wie weit weg sie auch sein mögen oder ob es andere „trennende“ Gründe gibt. 

Ich rätsle bis heute, welche höhere Macht wirkte oder wie unsere Bekannte es hinbekommen hat, dass wir uns vernetzten und ihr „dienten“ – mit unseren Gaben und Möglichkeiten. 

Das jedoch miterlebt zu haben, lässt mich vertrauensvoll in meine eigene Zukunft blicken.