Lebenslust trotz schwieriger Zeiten

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Editorial Inge Wollschläger im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Editorial im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern von Inge Wollschläger

Einen Freund von mir hat es so richtig „erwischt“: Eine neu aufgetretene Krankheit wirbelt sein Leben durcheinander. Der hochbetagte Vater, der nicht mehr so recht alleine leben kann, lehnt jede Hilfe ab. Seine langjährige Beziehung scheint am Ende der gemeinsamen Reise zu sein. „Ganz schön düster sind da manche Nächte“, erzählt er mir. Angesichts der Fülle der Herausforderungen, vor denen er steht, glaub ich ihm sofort. Wie die Freunde Hiobs höre ich mir sein Leid an und hoffe, dass ich nicht in „das wird schon wieder“ und „Kopf hoch“ Floskeln verfalle. Oder wie der ein oder andere Freund Hiobs nachfrage, wie es kommen würde, dass Gott ihn so bestraft. 

Die Zeiten sind schwierig für den Freund. An manchen Tagen verlässt ihn Stück für Stück die Lebenslust, weil er glaubt, dass alles nicht „tragen zu können“.

Wir alle kennen solche schwierigen Zeiten. Natürlich kennen wir auch die guten und leichten Zeiten, wo alles wie von Zauberhand gelingt. Die Vielfalt gehört zum Leben dazu. 

Mit jeder Phase – ob himmelhochjauchzend oder zu Tode betrübt – können wir lernen, was  uns hilft. Sicherlich haben die meisten von uns ihre ganz eigenen Strategien entwickelt. Aber eines ist in jeglichem Leid bei allen gleich: Man kann nicht den  übernächsten Schritt vor dem nächsten machen. Viele würden es sich wünschen, dass alles schneller ginge. Dass man bald alles überwunden hätte, dass es anderes wäre. Nur leider funktioniert das nie.

Was aber immer klappt: das Leben in kleinen Schritten gehen:  Sich ein leckeres Essen kochen. Einen Brief schreiben. Die Blumen gießen. Spazieren gehen. Lauter banale Dinge tun, die scheinbar nichts mit all dem Schrecken im Leben zu tun haben. 

Und genau so geht es immer weiter. Schritt für Schritt. Zwischendurch kann man sich umdrehen und wird sehen, wie viel Weg man schon geschafft hat.  

Als Christen wissen wir noch zusätzlich, dass wir durch herausfordernde Zeiten nie alleine gehen. Wir sind in Gottes Hand und werden nicht fallengelassen. Beim Liedermacher Paul Gerhardt heißt es in einer Zeile seinen Liedes „Befiehl du deine Wege“: „… der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann.“ 

Wie viele begehbare Wege haben Sie, liebe Leserinnen und Leser in ihrem Leben schon gefunden?