Trockenheit lässt sich nicht immer überwinden

403
Editorial Inge Wollschläger im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Editorial im Evangelischen Sonntagsblatt von Inge Wollschläger

Einmal bekam ich einen Eierkarton geschenkt. In ihm befand sich zarte Pflanzenerde, in die ich behutsam verschiedene Samen legte: Einige aus dem Garten meiner mittlerweile verstorbenen Freundin und Saatgut der wunderschönen Malven meiner Eltern. 

Ich hielt die Erde feucht und freute mich über jeden Millimeter, den die winzigen Jungpflänzchen ans Tageslicht schafften. Ich band sie irgendwann an kleine Zahnstocher, damit sie nicht knickten. Ich schütze sie vor Zugluft und topfte sie schließlich in größere Gefäße um. Irgendwann kam der Moment, an den ich die kleinen Pflanzen in die Natur setzte. 

Jeden Tag schleppte ich Kannen voller Wasser durch die Gluthitze eines vorherigen Sommers. Ihnen beim Wachsen zuzusehen machte mich froh. 

Irgendwann stockte der Wuchs. Trotz Gießen, Hege und Pflege wurden die jungen Pflanzen nicht größer. Sie „mickerten“ vor sich hin. Prächtige Malven, wie in den Gärten, aus denen ich sie hatte, wurden sie nicht. 

Dieses Jahr ging ich durch Weinberge spazieren. In einem Abschnitt wucherte zwischen den Reben Malven über Malven in vielen verschiedenen Farben. Es sah wunderschön aus und ich begriff: Meine Malven hatte ich länger gegossen und gepflegt, als das daraus etwas hätte werden können. Es reicht nicht, etwas „zu wollen“. Die Bedingungen, der richtige Zeitpunkt, das Saatgut, der richtige Platz – das alles spielt eine wichtige Rolle, wenn etwas entstehen soll.

Im Matthäusevangelium wird ein Gleichnis erzählt, das meiner „Gärtnererfahrung“ recht ähnlich ist. Der Sämann dort ist vielleicht nicht ganz so emotional wie in meinem Fall – aber auch er macht die Erfahrung, das manches auf guten Boden und einiges danebenfällt. Manches kann wurzeln und sich weiterentwickeln. Anderes weht der Wind weg. 

So geht es mit Saatgut und so funktioniert es auch in Beziehungen zu Menschen. In manche Beziehungen kann ich so viel hineingeben, wie ich will: Trifft es nicht den richtigen Boden zur richtigen Zeit, kann sich nichts entwickeln. Das ist manchmal traurig. Oft erkennen wir erst im Nachhinein, warum etwas nicht funktionieren konnte.

Was hilft ist, dass ich lernen kann, mich der Gnade zu überlassen, die mich aufruft, dem Leben seinen Lauf zu lassen.