Zukunftschancen pflanzen

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James und Elizabeth Deng bei derSchulspeisung in der Bhargel-Grundschule.Foto: Siegfried Modola/Diakonie Katastrophenhilfe

Mit Schulmahlzeiten und Gemüsegärten im Südsudan dem Mangel begegnen

James Deng und seine Schwester Elizabeth aus dem Südsudan haben zu essen: Der 16-Jährige und die 12-Jährige erhalten mittags eine Schulspeisung in der Bhargel-Grundschule in Cueibet – zentral im Südsudan gelegen.

Eine Partnerorganisation der Diakonie Katastrophenhilfe betreibt dieses Programm seit 2016. 15.000 Kinder an 47 Schulen erhalten im Rahmen des Projekts regelmäßig ein warmes Schulessen. Seit dem vergangenen Jahr haben die Partner auf Zutaten aus lokaler Produktion umgestellt. Zu Mittag gibt es jetzt „Nyin“ – ein nahrhaftes und würziges Gericht aus selbst angebauter Hirse und Erdnüssen, Öl und Salz. Es sichert den produzierenden Familien ein kleines Einkommen. 

„Die Nahrungsmittel, welche wir für die Schulspeisung nutzen sind lokal angebaut, von daher hat die Ukrainekrise keine direkte Auswirkung hier“, erklärt Bernd Serway, der für die Diakonie Katastrophenhilfe vor Ort in Cueibet ist. „Allerdings steigen generell die Preise, da die Ukrainekrise weltweit auch mit Grund ist für erhöhte Treibstoffpreise. Dies hat wiederum Einfluss auf die generelle Preisentwicklung.“

Flucht und Vertreibung im Zuge des jahrzehntelangen Bürgerkriegs um die Unabhängigkeit und die gewaltsamen Machtkonflikte nach der Staatsgründung 2011 haben im Südsudan vielen Menschen ihre Lebensgrundlagen und Heimat geraubt. Noch immer sind etwa zwei Millionen der knapp zwölf Millionen Südsudanesen im eigenen Land auf der Flucht. Weitere 2,3 Millionen sind in Nachbarländer geflohen.

Schule und Bildung sind dabei für viele Kinder auf der Strecke geblieben: 2,8 Millionen Kinder gehen nicht zur Schule. Dürren und Überschwemmungen, die durch den Klimawandel immer häufiger auftreten, verschärfen den Mangel und die Not. Aktuell sind rund 8,9 Millionen Menschen dort auf akute Hilfe angewiesen. Viele sind zu arm, um ihre Kinder in die Schule zu schicken. 

Weitere Krisen

2020 kam noch die Corona-Pandemie hinzu. Monatelang waren Betriebe, Märkte und Schulen zum Schutz vor dem Virus geschlossen. Manche Kinder sind bis heute nicht in die Schule zurückgekehrt, weil sie arbeiten müssen, um zum Unterhalt ihrer Familien beizutragen. 

Konflikte, Klimawandel, Armut und Corona stellen den noch jungen Staat Südsudan weiter vor viele Herausforderungen. Zumindest in der Projektregion Cueibet im Gok State, in der James und Elizabeth leben, gibt es aber auch Zeichen der Hoffnung. In den letzten Monaten haben die Waffen geschwiegen, sodass die Menschen wieder beginnen konnten, ihre Felder zu bestellen und Ernten einzuholen. Die Versorgungslage hat sich leicht verbessert. 

Doch noch immer haben sich die Menschen nicht von den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie und der langjährigen Konflikte erholt, obwohl es nur 150 offizielle Todesfälle gab. Besonders gravierend sind die Folgen für die Kinder: Viele von ihnen kommen hungrig oder gar nicht mehr zur Schule, weil sie zu schwach sind. Oder sie müssen arbeiten gehen und so helfen, die Existenz der Familien zu sichern.  

Immer wieder machen zudem Dürren und Überschwemmungen die zaghaften Fortschritte zunichte. 2020 etwa sorgten starke Regen-güsse für massive Ernteausfälle. Die Wassermassen zerstörten Häuser, Felder und Weiden. Unzählige Haustiere ertranken. Mehr als 12.000 Tonnen Getreide waren zerstört. 

Die Regierung rief den Notstand aus. Vielerorts fielen zudem Wüstenheuschrecken ein. Die Katastrophe traf genau die Gebiete, in denen Hunger und Not ohnehin am größten waren. Sie sind zum Glück nicht mehr nach Cueibet zurückgekehrt, so Bernd Serway. Aus eigener Kraft können die Menschen im Südsudan  die Folgen von Krieg, Klimawandel und Krise nicht bewältigen.

Nach Berichten des Welternährungsprogramms leiden aktuell 7,7 Millionen Menschen – also fast zwei Drittel der Bevölkerung (63 Prozent) im Südsudan – an akuter Nahrungsmittelknappheit. Darunter etwa 1,3 Millionen Kinder. Rund ein Drittel aller Kinder sind chronisch mangelernährt. Dies schadet nicht nur unmittelbar ihrer Gesundheit, sondern macht sie auch anfälliger und beeinträchtigt ihre weitere körperliche und geistige Entwicklung.

Vom Garten auf den Teller

Neben geeignetem Saatgut fehlt es an Wissen zu Anbaumethoden, die an die Folgen des Klimawandels angepasst sind, und einer stabilen Wasserversorgung für die Trockenzeiten. Mit einem breiten Ernährungsprojekt hilft die Diakonie Katastrophenhilfe mit ihrer Partnerorganisation Vétérinaires Sans Frontières (VSF) den Menschen in Cueibet, die Selbstversorgung zu stärken. 

Geschulte Freiwillige aus der Elternschaft bereiten die Mahlzeiten an den Schulen zu. Diese sind zudem ein Anreiz für die Familien, ihre Kinder in die Schule zu schicken, und damit ein Motor für mehr Bildung. Seit Beginn des Programms gehen die Einschulungsraten an den 47 teilnehmenden Schulen kontinuierlich nach oben. Davon profitieren insbesondere Mädchen. 

Gemeinsam mit ihren Lehrkräften legen die Kinder und Jugendlichen wie James und Elizabeth eigene Gärten an. Der Unterricht zeigt neue Anbaumethoden, die besser auf die Folgen des Klimawandels angepasst sind. Das Projekt kommt 10.000 Haushalten in der Region sowie 15.000 Schulkindern zugute. Die Partnerorganisation stellt dafür Saatgut für Gemüse wie Kohl, Zwiebeln, Tomaten und Auberginen zur Verfügung. Sie gibt den Familien Saatgut für Gemüse und Getreide, das an schwierige Klimabedingungen angepasst ist, wie Sorghum, Amaranth und Okra. Und stattet sie mit dem nötigen Gerät aus. 

Damit die kleinbäuerlichen Gemeinschaften künftig auch Trockenzeiten besser überstehen, wurden insgesamt 40 Flachbrunnen angelegt, die eine durchgängige Bewässerung ermöglichen. Vorher konkurrierten Menschen und Tiere oft um das kostbare Nass. Rund um die Wasserstellen sind in den letzten Jahren Modellgärten und Farmen entstanden, auf denen die Gemüse und Getreide den Menschen eine abwechslungsreiche Ernährung sichern. Jeder Haushalt erhält zudem je ein Huhn und einen Hahn sowie Futter für die Geflügelhaltung. Dies eröffnet ihnen eine weitere Ernährungs- und Einkommensquelle.

Ein Teil der Erträge fließt in das Schulspeiseprogramm ein. Die weitere Ernte können die Familien für die eigene Ernährung nutzen oder auf dem Markt verkaufen und so ihr Einkommen aufstocken. Bislang müssen die Menschen in der Region bis zu 85 Prozent ihres Einkommens für Nahrungsmittel aufwenden – die Familie von James und Elizabeth Deng hoffentlich bald weniger! 

Diakonie Katastrophenhilfe/bor

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