Zwiebeln statt Zimt, Kümmel statt Nelken

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Blick in das Nürnberger Gewürzlädchen. Foto: Borée
Blick in das Nürnberger Gewürzlädchen. Foto: Borée

Biblische Gewürze mit oft ägyptischen Wurzeln weisen über „Advents-Geschmack“ hinaus

Nach Zimt und Nelken schmeckte sie eher nicht – die alte Küche von Bethlehem und überhaupt im Heiligen Land zu biblischen Zeiten. Eher nach Koriander und Kümmel. Die südliche Levante – also Israel und Juda – übernahm viele der feinen und meist ebenso gesunden Spezereien aus dem Alten Ägypten. Diese Hochkultur schuf vorzeiten viele geschmacklichen Grundlagen der morgenländischen Küche. Was uns als typisch orientalisch erscheint und sich etwa im Nürnberger Laden „Gewürze der Welt“ dazu findet, gab es schon im Alten Testament.

Mitten im Exodus – während der endlos langen Zeit des Durchzugs durch die Wüste Sinai – sammelten die Israeliten Manna als göttliche Speise. „Und es war wie weißer Koriandersamen und hatte einen Geschmack wie Semmel mit Honig“ (2. Mose 16,31). So wird die geschmackliche Note erklärt. Auch wenn eher die Korianderblüte als der Samen weiß ist, so war es doch schon im alten Ägypten und im alten Babylon bekannt. 

Verwendet wird die Pflanze schon seit Jahrtausenden. Der Samen fand sich auch in der frühzeitlichen Nahal-Hemar-Höhle in Israel unweit des Toten Meeres. Sie gehört neben dem dominierenden Meerrettich zu den „Bitterkräutern“, die gläubige Juden zum Passahfest in Erinnerung an die Befreiung aus der Sklaverei in Ägypten verspeisen.

Koriander kann gut mit Fenchel, Curry und Kümmel für deftige Speisen kombiniert werden, aber auch mit Anis, Lebkuchengewürzen und Honig. Ihm wird appetitanregende und verdauungsfördernde, krampflösende und lindernde Wirkung bei Magen- und Darmproblemen zugeschrieben. Allerdings reagieren wohl gut zehn Prozent der Menschen allergisch auf das Gewürz – dann ist Vorsicht angesagt. Die alten Römer würzten gerne ihren Wein damit. Extra für diesen Artikel habe ich im Selbstversuch auch den Glühwein damit verfeinert – empfehlenswert! 

Der orientalische Kreuzkümmel hilft ebenfalls gut bei Blähungen, Magenkrämpfen oder Völlegefühl. – daneben aber auch bei Husten und Bronchitis. Er wärmt innerlich und fördert die Hautdurchblutung – kann aber auch die Haut reizen. Bei Kohlgerichten und deftigen Fleischeintöpfen ist er nicht nur im Orient kaum mehr wegzudenken. 

Wanderwege der Gewürze

Schon bei Ausgrabungen von Siedlungen der Pfahlbauweise in der mitteleuropäischen Jungsteinzeit fanden sich Spuren von Kümmel, die etwa 5.000 Jahre alt waren. Ägypten gehört seit alter Zeit zu seinen Hauptanbaugebieten. Seit der Steinzeit „wanderten“ die Gewürze entlang der alten Handelsstraßen (siehe auch Kasten Seite 8). Auch dies zeigt, wie mobil schon damals Menschen waren – wir befinden uns ungefähr in der Zeit Ötzis. Und dass sie gerne ihre Speisen verfeinerten.

Zurück ins Alte Testament: Der Prophet Jesaja (28,25.27) hielt Kümmel als einen der freigiebigen Gaben Gottes. Und Jesus kritisierte: Die Pharisäer zahlten selbst vom Kümmel, Minze und Dill den Zehnten, aber vernachlässigten die wichtigeren Sachen des Gesetzes: Gericht, Gnade, und Glauben (Mt 23,23).

Auch Dill war bereits im Alten Ägypten als Heil- und Gewürzpflanze bekannt. Die Pflanze breitete sich ebenfalls vor gut 5.000 Jahren vom östlichen Mittelmeer gen Norden und Westen aus – bis in den westlichen Alpenraum. Auch die Levante verschmähte ihn ganz offenbar nicht, wie die biblische Spurensuche zeigt. Im Mittelalter war Dill als Heilpflanze verbreitet. Seine Öle wirken verdauungsfördernd, krampflösend und beruhigend. Die christlichen Mönche pflanzten ihn in ihren Klostergärten auch in Nord- und Westeuropa. Er würzt hervorragend eingelegte Gurken oder Zucchini, aber auch viele Fischgerichte. Spätestens seit dieser Zeit wird er kaum noch als exotisch empfunden.

Zurück zur Zwiebel!

Auch Knoblauch, Lauch und Zwiebel spielten im Alten Israel eine große Rolle. Die Zwiebelgewächse stammen aus Zentralasien, waren aber in Ägypten sowie in der Levante beliebt und angebaut. Im Talmud sind Zwiebeln vielfach belegt, doch erscheinen sie im Alten Testament  nur einmal: Während der Wüstenwanderung jammerten die alten Hebräer nicht nur über den Verlust der ägyptischen Fleischtöpfe, sondern wollten auch zu den Zwiebeln zurück (4. Mose 11,5). 

Wo wir beim deftigen Geschmack sind, darf Senf nicht fehlen. Bekanntlich hat Jesus das Wachstum des Reiches Gottes mit einem Senfkorn verglichen (Mt 13,31 par). Mit gutem Grund kommt er erst jetzt hinzu, denn die Römer brachten ihn in den Mittelmeerraum, da sie auf ihn kaum mehr verzichten wollten. Ursprünglich stammt er aus Indien. Er wirkt entzündungshemmend und stärkt die Abwehrkräfte.

Klingt alles geschmacklich wenig adventlich? Es ist aber gut biblisch bezeugt. Doch wer es gern süßer hat: Auch Feigen und Datteln, Granatapfel und Wein, Mandeln und Walnüsse spielten bereits früh eine große Rolle. 

Feige, Nuss und Mandel

Adam und Eva bedeckten ihre Scham mit Feigenblättern (1. Mose 3,7). Der Erzvater Jakob schickte während der Hungersnot seine Söhne mit den „Schätzen seines Landes“ nach Ägypten (1. Mose 43,11), etwa Nüsse und Mandeln. Als erste Frühlingsboten erscheinen erwachende Mandelzweige in Jer 1,11. Am Jerusalemer Tempel wird diese Frucht oft ornamental nachgebildet.

Die Richterin Debora wiederum saß unter einer Dattelpalme (Richter 4,5). Der Granatapfel beweist neben Weintrauben und Feigen die Fruchtbarkeit des Gelobten Landes  (4. Mo 13,23). Später, im Hohelied Salomos, wird der Granatapfel als erotische Frucht besungen. Er verfeinerte auch Gewürzweine.

Ja, und was ist nun mit unseren adventlichen Dauerbrennern – mit Zimt und Nelken? Zimt stammt aus Ostasien, noch heute sind seine Anbaugebiete eng begrenzt. Auch sie „wanderten“ schon lange vor der Zeitenwende. Zimt war seit alttestamentlicher Zeit ein Duftstoff und Bestandteil des Salböls (2. Mo 30,23; Spr 7,17; Hld 4,14; Off 18,13). Die Ägypter verwendeten es zur Einbalsamierung, als Medizin und als Räuchermittel. Er war sehr kostbar – fast wie Weihrauch und Myrrhe. Nelken aus Ostasien haben noch weniger Spuren in der Bibel hinterlassen, obwohl sie äußerst gesund sind. Susanne Borée

Vielfältige kulturelle Informationen und Rezepte zum Nachkochen: Markusine Guthjahr: Himmlische Genüsse, Kochen mit Früchten und Pflanzen der Bibel, Cadmos Verlag, 19,99 Euro, ISBN 978-3-840435218, 144 Seiten. 

Mehr Infos https://www.gewuerze-der-welt.net, dort Hinweise auf die Gewürzläden in Nürnberg und München sowie Online-Versand, viele weitere orientalischen Gewürze und Rezepte.