Engelschar verkündigt Gottes Botschaft

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Schweidnitzer Friedenskirche
Schweidnitzer Friedenskirche in barocker Pracht und unzähligen Engeln. Fotos: Borée

Schweidnitzer Gotteshaus mit prunkvoller Friedensbotschaft – doch äußerlich schlicht

Als ein schlichter Fachwerkbau – zwar größer als gewohnt, doch wenig spektakulär – so präsentiert sich die Schweidnitzer Friedenskirche rund 70 Kilometer westlich von Breslau. Doch innen erstrahlt sie voller Pracht mit prunkendem Gold und feinem Bildprogramm.

Mit gutem Grund zeigt sie sich äußerlich schlicht – bewegte sich ihr Bau doch auf sehr schwankendem Boden. Schließlich entstand sie auf schwierigem Terrain 1656 – acht Jahre nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges: Der Habsburger Kaiser Ferdinand III. musste im Westfälischen Frieden den schlesischen Protestanten drei Kirchen zugestehen. Gleichzeitig wurden den Evangelischen in der Region gut hundert Kirchen entzogen. Erst auf Druck des Schwedischen Königshauses als ihrer damaligen Schutzmacht konnte der Bau beginnen.

Allerdings durften die Kirchen nur aus „schäbigen“ – also vergänglichen – Materialien bestehen: Keine Steine, sondern Holz, Lehm und Stroh. Ferner durften sie nur außerhalb der Ortschaften in einem eigens abgegrenzten Areal entstehen und mussten in einem Jahr fertig werden. 

Heute fast unmöglich! Damals gelang es. Eine Hilfe der Engel musste nicht in Anspruch genommen werden: Mit großzügigen Spenden überall aus dem protestantischen Europa und nach nur zehn Monaten konnte die Kirche auf dem Grundriss eines griechischen Kreuzes für 7.500 Personen geweiht werden. 

Eine Generation später – ab 1693 – entstand die Bemalung der Decke. Die Apokalypse und das Jüngste Gericht durch den dreieinigen Gott waren ihr wichtigstes Thema. Und Hunderte von Engeln, die die Friedensbotschaft brachten: Sie unterstützen den Prediger auf der Kanzel und ehren Gott. Anstelle des offiziellen Namens „Dreifaltigkeitskirche“ blieb die Bezeichnung „Friedenskirche“ nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges dominierender. 

Noch heute ist ihr gesamtes Areal, das bei der Gründung 200 mal 200 Meter umfasste, von einer Mauer umgeben, obwohl die Stadt Schweidnitz längst an sie herangewachsen ist. Sie umschließt auch das ehemalige Pfarrhaus – heute Sitz des Evangelischen Instituts mit einer wertvollen Bibliothek, Kirchenbüchern und Musikinstrumenten. Das Archiv ist seit der Kirchengründung vollständig erhalten. 

Das Areal hat tatsächlich eine besonders friedvolle Atmosphäre – entrückt von den Bedrängungen des Alltags. Auch der Friedhof mit den gut erhaltenen Grablegen aus dem Barock und Rokoko wurde bis gegen 1900 genutzt. Er scheint fast aus der Zeit gefallen zu sein. 

Die Glogauer Schwesterkirche brannte bald ab, aber die Gotteshäuser in Schweidnitz und Jauer – damals von demselben Breslauer Architekten errichtet – haben überlebt. Sie stehen nun beide auf der UNESCO-Weltkulturerbeliste. Die kleinere Kirche in Jauer blieb allerdings zwischen 1945 und 1988 ohne Gemeinde und verfiel ziemlich. 

Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte auch die Schweidnitzer Friedenskirche zunächst in ein Museum oder ein katholisches Gotteshaus umgewandelt werden. Schließlich nutzte die Evangelisch-Augsburgische Kirche in Polen sie wieder. 2015 wurde ihr Pfarrer Waldemar Pytel zum Bischof der Evangelischen Diözese Breslau gewählt. Beide Friedenskirchen konnten kürzlich grundlegend saniert werden.

Inzwischen ist das Schweidnitzer Gotteshaus ein ganz besonderes Zentrum für Treffen, die weit über die kirchliche Ökumene hinausgehen. Schon 1989 beteten in ihr der polnische Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki und Bundeskanzler Helmut Kohl gemeinsam für Frieden zwischen beiden Völkern. Denn das Gut Kreisau, auf dem der Widerstand gegen Adolf Hitler vor dem 20. Juli 1944 vorbereitet wurde, liegt ganz in der Nähe. 

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und die polnische Ministerpräsidentin Ewa Kopacz trafen sich hier. 2016 kam das schwedische Königspaar mit dem Dalai Lama sowie Vertretern christlicher Kirchen, aus dem Judentum und dem Islam hier zusammen. Heute gibt es dort eine ökumenische Jugendbegegnungsstätte. Alle Besucher können mit ihren Blicken den Engeln folgen, die in alter Pracht dort ihre Trompeten und Posaunen erschallen lassen und gen Himmel weisen – nicht nur zum Advent. Sie verkünden ihre Friedensbotschaft auch in der heutigen  Bedrängung dieses Corona-Winters und warten danach wieder auf Entdeckungen.

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