Gesegnet und verflucht

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Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern über die Vertreibung aus dem Paradies

Und nun: Verflucht seist du auf der Erde, die ihr Maul hat aufgetan und deines Bruders Blut von deinen Händen empfangen. Wenn du den Acker bebauen wirst, soll er dir hinfort seinen Ertrag nicht geben. Unstet und flüchtig sollst du sein auf Erden. Kain aber sprach zu dem Herrn: Meine Strafe ist zu schwer, als dass ich sie tragen könnte. Siehe, du treibst mich heute vom Acker, und ich muss mich vor deinem Angesicht verbergen und muss unstet und flüchtig sein auf Erden. So wird mir‘s gehen, dass mich totschlägt, wer mich findet. Aber der Herr sprach zu ihm: Nein, sondern wer Kain totschlägt, das soll siebenfältig gerächt werden. Und der Herr  machte ein Zeichen an Kain, dass ihn niemand erschlüge, der ihn fände.

aus 1. Mose 4, 1–16

„Jenseits von Eden“ – mit diesem Schlager wird der junge Domenico Gerhard Gorgoglione (*1963) als Nino de Angelo 1983 quasi über Nacht bekannt. Ein Lied, das bei vielen bis heute im Ohr klingen dürfte. 

Der Titel ist legendär: John Steinbeck veröffentlicht seinen erfolgreichsten Roman 1952, biblische Motive in der Dramaturgie aufnehmend, unter dem Titel „Jenseits von Eden“. Noch bekannter wird dieser, als 1955 unter der Regie von Elia Kazan der gleichnamige Kultfilm in die Kinos kommt – mit James Dean in seiner ersten großen Filmrolle. 

„Jenseits von Eden“ – das beschreibt auch die „unstete und flüchtige“ Lebensgeschichte des Nino de Angelo selbst. In jungen Jahren ist es wie im „Paradies“: Überbordender Erfolg, Preise, viel Geld und ein entsprechender Lebensstil. Das auf Dauer zu halten, ist schwierig: Versuche, an die frühen Erfolge anzuknüpfen, schließlich 1,5 Millionen Euro Schulden und Privatinsolvenz, Kokainkonsum, Spielsucht und Alkohol, mehrere Scheidungen. Ende Oktober 2020 wird bekannt, dass er neben Herzproblemen an einer chronischen obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) leidet. 

Jetzt lebt er beschaulich im Allgäu auf dem Land mit einer neuen Partnerin – geerdet und kraftvoll. Fast so, als erfüllt sich der Wunsch in dem Lied von 1983: „Ich will mit dir eine neue Liebe spüren (…). Irgendwann muss ich für immer gehen, dann will ich sagen, diese Welt war schön.“ Sein aktuelles Album und auch seine Autobiografie heißen „gesegnet und verflucht“. Beides hat er sich auf die Hände tätowieren lassen. Vielleicht auch eine Art Kains-Mal? Beides gehört für ihn zusammen: „Gesegnet und verflucht / Gefunden und gesucht / In Flammen und erfroren / Gewonnen und verloren / Durch Ebbe und durch Flut / Aus Asche und aus Blut / In Ruhe und im Sturm / Bin ich wieder geboren / Hab‘s tausendmal versucht / Gesegnet und verflucht.“ Beides hat er erlebt: Eden und jenseits davon. Und jetzt ist er „im Osten“ angekommen, dort, wo das Neue aufgeht. Und der Segen bleibt.

Christine Ursel, Religionspädagogin,

Fortbildungsreferentin beim Diakonischen Werk Bayern im Diakonie.Kolleg

Lied 382: Ich steh vor dir mit leeren 

rotabene
An dieser Stelle schreiben verschiedene Autoren für das Evangelische Sonntagsblatt.