Zusammenleben der Kirchen ohne Suche nach Teufelshörnchen

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Editorial von Martin Ben-Baier, Chefredakteur des Evangelischen Sonntagsblattes aus Bayern

Editorial im Evangelischen Sonntagsblatt von Chefredakteur Martin Bek-Baier

Eine katholische Gemeinde stellt der evangelischen Gemeinde für deren Gottesdienst ihre Kirche zur Verfügung. Oder auch umgekehrt. Im ökumenischen Miteinander ist das längst Gang und Gäbe. Zum Beispiel, wenn die eigene Kirche wegen Renovierung für einige Zeit geschlossen ist. Oder wenn es vor Ort einfach keine eigene Kirche gibt, wie in in der Diaspora, aber ältere Kirchgänger nicht mobil sind. Man hilft sich heutzutage in ganz Bayern – zumindest meistens – gerne aus.

Es ist nur einige Jahrzehnte her, da war das noch nicht selbstverständlich. Und gar vor hundert Jahren und mehr war es unvorstellbar. Leider. Ich erinnere mich noch an die Erzählung meines Religionslehrers, der als ausgebombter Nürnberger seine Kindheit in der katholisch geprägten Oberpfalz verbrachte. Die älteren katholischen Kirchgänger hätten seine Harre durchforstet nach den Teufelshörnchen, die sie bei den „Ketzern“ vermuteten. 

Anderswo war der gegenseitige Argwohn weniger lustig. Auf Seite 22 dieser Ausgabe zeigen wir den Taufstein der Simultankirche im oberpfälzischen Illschwang, Dekanat Weiden.Dieses Taufbecken ist ein echtes Schmuckstück. Es war jedoch viele Jahre zugesperrt. Beide Konfessionen verwehrten einander die Benutzung“, schreibt  die Religionspädagogin Susanne Götte, Öffentlichkeitsreferentin im Evangelisch-Lutherischen Dekanat Weiden. „Heute allerdings gibt es ein gutes Miteinander von Evangelischen und Katholiken in Illschwang“.

Es war Pfalzgraf Christian August von Sulzbach der das Simultaneum 1652 in seinem Herrschaftsgebiet eingeführt hatte. Der Dreißigjährige Krieg hatte nicht nur zwischen den Konfessionen getobt, sondern Menschen und Land ins absolute Verderben geführt. Der Markgraf wollte die Gläubigen einander näher bringen und künftige Religionskriege verhindern. Eine geradezu revolutionäre Entscheidung! 

Das Zusammenleben in diesen „Kirchen-WGs“ war in früheren Zeiten oft schwierig. Viele der Simultaneen lösten sich Anfang des 20. Jahrhunderts auf. Doch heute gelten die Gotteshäuser als „wunderbare Zeichen für religiöse Toleranz“, so Götte. Wir haben im Sonntagsblatt schon ausführlich über diese Kirchen berichtet. Auch über der Simultankirchen-Radweg, der die Kirchen miteinander verbindet.