Editorial im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern von Susanne Borée:
Neue Perspektiven gewinnen, das will dieser erste Märzsonntag inmitten der Passionszeit: „Okuli“, „meine Augen“, so heißt er merkwürdigerweise. Was sollen wir denn mit ihnen tun – außer sehen? Doch nicht ungefiltert nehmen sie die Welt um uns herum auf.
Worauf richten wir unsere Blicke? Vor genau einem Jahr auf das unaufhaltsame, atemlose Vordringen von Corona. Längst schon hatte es sich in Norditalien ausgebreitet und war bald bei uns. Genauso, wie uns jetzt die Mutanten immer näherkommen.
Bei meinen Spaziergängen merke ich: Noch sind viele Wege, gerade wenn sie im Schatten liegen, schlammig und voller Pfützen. Zu oft richten sich dann die Blicke nach unten, um ihnen auszuweichen und nicht zu stolpern. Doch das verengt die Perspektiven und verhindert einen weiten Blick.
Da wandern meine Gedanken: Richten wir unsere Aufmerksamkeit auf Bedrohendes, Lähmendes oder Befreiendes? Auf das, was unseren Atem eng macht oder ihn lebendig fließen lässt wie einen Bach, der im Frühling von dem Eis und der Starre befreit ist?
Es geht nicht darum, die Augen vor Herausforderungen zu verschließen. Ganz im Gegenteil: In dem Bibelvers, der diesem Sonntag seinen Namen gegeben hat und der die Mitte der Passionszeit leiten will, heißt es: „Meine Augen sehen stets auf den Herrn, denn der Herr wird meine Füße aus dem Netz ziehen“ (Psalm 25, 15).
Welche Verstrickungen lassen sich denn in uns lösen, um wieder freier atmen zu können? Wo spüren wir innere Verkrampfungen in uns – ohne die wir freier ausschreiten können?
Schließlich will Gott uns seine Wege zeigen (Psalm 25, 4), nachdem ich zu ihm hingetragen habe, „was mir auf der Seele liegt“ (Vers 1). Da kehrt sich unser Blick um – weg von aller „Bedrängnis“ (Vers 17). „Alle Wege, die der Herr bestimmt, sind geprägt von Güte und Weisheit“ (Vers 10).
Wo Gottes Wegweiser sind
Nur: Wie finde ich sie? Da wären oft ein paar mehr und direktere Wegweiser von Gottes Seite wirklich hilfreich! Oder reicht es, in mich hinein zu hören, wie mein Atem am ehesten ungehindert fließt? Damit ich mich aufrichten kann und festen Stand gewinne?
Wenn wir nicht in uns verkrümmt sind, gelingt es uns gleichfalls, die Welt um uns herum besser wahrzunehmen. Beispiele, wie andere Herausforderungen meisterten (etwa Seiten 4, 7 oder 22), weiten die Blicke.