Andacht: Unterwegs in die Geborgenheit

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Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. … Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden seine Völker sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu! Und er spricht: Schreibe, denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiss! 

Aus Offenbarung 21, 1–7

In diesen Herbstferien gingen mein Mann und ich mit einem befreundeten Ehepaar wandern. Bei sportlichen Aktivitäten benutze ich ein Spielzeug: meine Uhr. Sie zeichnet Trainingszeiten – wie etwa Wanderungen – auf und rechnet am Ende, wie lange wir unterwegs waren. Zudem signalisiert sie zwischendurch mit kurzem Piepton, wenn die täglich erwünschte Übungszeit erreicht ist. Als wir eine gute halbe Stunde unterwegs waren – eigentlich noch am Anfang unserer geplanten langen Wanderung – und ich den Ton hörte, verkündigte ich allen schmunzelnd: „Die Trainingszeit für heute ist erfüllt, wir können wieder nach Hause gehen“. Darauf unser Freund: „Passt, dahin sind wir ja unterwegs“. 

Ich lächelte noch lange über diesen kurzen Dialog. Denn zum einen sagt auch mein Mann bei Wanderungen, die mir zu lang zu werden drohen, immer: „Wir sind schon auf dem Weg nach Hause.“ Worauf ich je nachdem fröhlich oder protestierend einwende: „Das sind wir schon vom ersten Schritt an.“ Zum anderen war ich bei jener Wanderung berührt von der tieferliegenden Bedeutung der Aussage. Denn als Christen sind wir – egal wie lange unsere Lebenswanderung noch dauern wird – vom ersten Schritt an unterwegs nach Hause. Unser Ziel ist bei Gott.

Wir wissen nicht, wie es dort jenseits unser sichtbaren Erde und unseres Himmels sein wird. Der Seher Johannes spricht in Bildern davon und die sind voll kräftigem Trost. Er schaut hinein in Gottes Welt: Gott „zeltet“ bei den Menschen, ist ihnen so nah, dass er selbst alle Tränen von ihren Augen abwischt. Gott wohnt bei den Menschen. Unser Zuhause, zu dem wir unterwegs sind, ist die Wohngemeinschaft mit Gott. 

Dort im Leben bei ihm wird „der Tod … nicht mehr sein“ und all das nicht mehr, was zum Tod gehört: Leid, Geschrei und Schmerz. Keine übervollen und doch einsamen Intensivstationen, keine frischen Gräber und kein leerer Platz neben uns. Kein Schrei nach Gott, dessen erfahrbare Nähe und Güte wir ersehnen. Wir – und viele mit uns – sind ja bei ihm und er erfahrbar bei uns.

Dahin sind wir unterwegs, wie kurz oder lang, wie mühsam oder kräftigend der Weg dorthin sein wird, wissen wir nicht. 

Unsere Herbstwanderung war voll von Eindrücken schöner Farben – und Pilze waren auch im Beutel. Aber irgendwann war es trotzdem gut, dass sie vorbei war und wir zu Hause waren. Und den ganzen Weg über war es gut zu wissen, dass ein Zuhause auf uns wartet. 

Dorothea Greiner, Regionalbischöfin in Bayreuth

EG 516: Christus, der ist mein Leben