Tastende Schritte bewegen Reli-Unterricht

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Skulptur „Fortschritt“ von Annette Zappe.Foto: Wolfgang Noack (rpz)

Digitale Materialsammlung des Religionspädagogischen Zentrums Heilsbronn als Impulse

Zögerlich und beschwingt zugleich scheint sie ihre Plattform zu verlassen. Die Skulptur „Fortschritt“ findet sich am Religionspädagogischen Zentrum (rpz) in Heilsbronn. „Eine Frau in Bewegung. Der eine Fuß noch gehalten auf der eingegrenzten Fläche – der andere Fuß bereits im Bereich der neu ge-wonnenen Freiheit“, so deutet Direktor Klaus Buhl dieses Kunstwerk. Er fügt hinzu: „So geht es uns im Moment auch in den Schulen. Tastende Schritte zwischen digitaler Unterrichtsversorgung und reduzierter Präsenz im realen Klassenzimmer.“

Während der Zeit des Corona- Lockdowns hat das Religionspädagogische Zentrum eine umfangreiche Sammlung von Arbeitsblättern, Filmlinks und kreativen Impulsen für eine digitale Religionspädagogik aufgebaut. Unter https://www.rpz-heilsbronn.de ist sie geordnet nach Schultypen und Verwendungsmöglichkeiten – etwa für die digitale Kita oder den Konfi-Unterricht, aber genauso für die Schulseelsorge. 

Ebenfalls findet sich dort Frau „Fortschritt“ als Titelmotiv für diese Seiten. Auch wenn die Schulen nun nach den Sommerferien wieder zum Regelbetrieb zurückgekehrt sind, ist die Zeit des Ausnahmezustands längst noch nicht vorbei. Immer wieder müssen Schulen sogar schließen, da Corona erneut aufflackert. In den „Zeiten dieses Übergangs“ sollen auch spirituelle Angebote nicht zu kurz kommen. 

Die Inhalte der rpz-Seiten werden permanent erweitert und aktualisiert. Lehrkräfte können ihre eigenen Ideen und Links dort zur Verfügung stellen. Die Referenten und pädagogischen Mitarbeitenden des rpz haben sie auch in Zeiten des Homeoffices geprüft. Da ist es vor allem wichtig, ob eine digitale Veröffentlichung rechtlich einwandfrei erfolgen kann. Denn die Kolleginnen und Kollegen können dann mit gutem Gewissen die Links zu Filmen oder Arbeitsblättern ihrem Schülerkreis weitergeben. Die Zusammenarbeit mit anderen religionspädagogischen Instituten, namentlich in Stuttgart, schlägt sich ebenfalls in den Link-Sammlungen nieder. 

Natürlich standen beim Lockdown und beim Wiederöffnen der Schulen die Kernfächer im besonderen Fokus. Für sie gibt es jetzt so weit möglich Förder- und Brückenkurse, um verlorenen Lernstoff aus dem vergangenen Schuljahr nachzuholen. „Da sollte Religion nicht zu sehr überborden“, so Buhl. Bewusst hat der Leiter des rpz einen Brief des Landesbischofs Bedford-Strohm zum Religionsunterricht zusammen mit einem Flyer über die Heilsbronner Angebote an die Schulleitungen geschickt. Denn sie sollten erfahren, welche Angebote bestehen. Manche Schulleitungen lehnten gerade gemischte Gruppen ab, wie sie für den Religionsunterricht typisch sind. Und gerade Unterrichtsausfälle wegen fehlender überlasteter Lehrkräfte können auch zu Lasten des Religionsunterrichtes gehen.

Oberkirchenrat Stefan Blumtritt mahnte daher eine neue Wertschätzung des schulischen Reli-Unterrichts an (Sonntagsblatt Nr. 40). Dort würden so grundsätzliche Fragen wie Einsamkeit, Gemeinschaft, Liebe, Hoffnung oder Tod und Trauer behandelt. Er lobt die digitale Umsetzung. Blumtritt ist in der bayerischen Landeskirche auch für den Unterricht zuständig. Das rpz ist mit seinen Impulsen schon wesentliche Inhalte des Themas „Digitalität im Religionsunterricht“ angegangen. Dies ist für die Zukunftsplanung des „RU 2026“ durchaus bedeutsam. 

Besonderes Interesse erfuhr „Die Stunde des Monats“ auf den rpz-Seiten, so Buhl. Die Entwürfe und Lernwege sind für die Überbrückung des Unterrichts schnell einsetzbar. Beispielhaft sei das Thema „Tod und Leben“ für Gymnasiasten der 10. Jahrgangsstufe erwähnt: Sie sind zunächst aufgefordert Internet- und Zeitungsartikel sowie Social-Media-Beiträge zum Thema „Tod und Leben“ zu sammeln und kurz zu kommentieren. Ausgewählte Kunstwerke sollen meditiert werden. In „einem persönlichen Brief an Sokrates“ können die Jugendlichen auf ihn Bezug nehmen. Also schon ein anspruchsvolles Programm, das da selbstständig zu erledigen ist.

Für Grundschulen finden sich viele Links zu Youtube-Filmen: Sie erzählen biblische Geschichten kindgemäß mit Trickfilmen. Auch die Seite kirche-entdecken.de mit der Elster Kira lässt sich dort finden. 

Biblische Geschichten, Informationen über andere Religionen oder Epochen der Kirchengeschichte lassen sich prima mit Filmen und Arbeitsblättern weitergeben. Doch Klaus Buhl sieht besorgt, dass bei einem digitalen Religionsunterricht „zu sehr eine Betonung der kognitiven Seite“ geschehen kann. 

Eher bleibe die seelsorgerische Seite des Religionsunterrichtes auf der Strecke. Dies gerade dann, wenn sich Religionsgruppen jetzt nach den Sommerferien neu gebildet haben. Auch die Lebenswirklichkeit der Schüler, gerade in einer solchen andauernden Krisensituation, müsse zur Sprache kommen. Wie kommen sie nach vielen unterschiedlichen Erfahrungen des Rückzugs in den familiären Bereich wieder zurück zur Schule?

Ein eigener Bereich der Webseiten beschäftigt sich mit der Schulseelsorge. Im Extremfall: Was tun, wenn ein Mitglied der Schulfamilie an Corona sterben sollte? Da beruhigt es schon, sich im Voraus Gedanken zu machen, wie die Schulgemeinschaft damit umgehen kann. 

Da Versammlungen ja nur in beschränktem Rahmen möglich sind, schlägt das rpz etwa die Gestaltung eines Trauerraumes vor. Das kann aufwendig sein. Er lässt sich aber so gestalten, dass Innehalten von einzelnen möglich ist. Als Impulse können etwa Gerüche dienen, die mit dem oder der Verstorbenen verbunden sind. Oder die Frage, welches Lied man ihm oder ihr gerne mitgeben würde. Das sind intensive Ideen zur Verarbeitung und zum Innehalten. 

Denkanstöße bieten im Tagungshaus des rpz genauso die Fortbildungen, die nun ab September wieder begannen. Externe Ausbilder belegen wieder das Haus, so Buhl. Bemerkenswert wenige hätten ihre Angebote zurückgezogen. 

Religionslehrende können nun ebenfalls wieder an Fortbildungen des rpz teilnehmen. So konnten die Hauswirtschaftskräfte aus der Kurzarbeit zurückkehren. Im Moment benötigt das Zentrum gar mehr Kräfte, da die Anforderungen durch die neuen Hygiene-Regelungen und die Aufteilung in zwei Essenszeiten gestiegen sind. Und digitale Fort-bildungen sind nun unter bestimmten Voraussetzungen anerkannt. So können Lehrende auch für sie Unterrichtsbefreiung bekommen.

Die Zeit der Rückkehr und der tastenden Schritte können etwa Papierblüten symbolisieren. Ein Denkanstoß des rpz schlägt vor, sie mit Dank zu beschriften und dann zu sammeln. Da lässt sich miteinander bestaunen, wie viel Gutes da ist. Dies kann gerade dort tastende Nähe schaffen, wo reale Distanz voreinander wichtig ist.