Wege zu heilsamen Begegnungen

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Mittelfränkischer Hospiztag im Rothenburger Wildbad bot rund 150 Engagierten Impulse

Sphärische Klänge erfüllten den Theatersaal. Fast ließ sich vergessen, dass er mit mehr als 150 Menschen gut gefüllt war! Beinahe wie die meditativen Töne einer sanft gespielten Konzertgitarre erklang es – hm, vielleicht etwas metallischer. Ein Glockenspiel? Nein, „Handpan“ heißt das Instrument: Gleich einer riesigen Muschel aus Metall entlockte ihr Alwin Steinle mit streichelnden Händen die melodischen Töne (Bild Mitte). Neben ihm sang Susanne Sonnleitner. Regelmäßig begleiten beide Musiker auch Trauerfeiern.

Und sie umrahmten den 21. Mittelfränkischen Hospiztag, der sich Mitte Juni nun nach 2007 zum zweiten und leider wohl auch letzten Mal im Rothenburger Wildbad traf. Dort fanden Engagierte aus gut 15 Hospizgruppen der ganzen Region zusammen. Der Rothenburger Hospizverein mit rund 60 Aktiven um Petra Underbrink hatte für sie vielfältige Impulse vorbereitet. 

In einleitenden Grußworten versprachen Oberbürgermeister Dr. Markus Naser und der Ansbacher Landrat Dr. Jürgen Ludwig sich weiter um eine Zukunft für das Wildbad zu kümmern. Der Landrat habe es auch nicht aus den Augen verloren, einem stationären Hospiz für Westmittelfranken aus der Wiege zu helfen. Dies ist für Feuchtwangen angedacht, doch weiter schwierig.

Vor allem war es an diesem Tag aber wichtig, allen Gästen neue Impulse und Inspirationsquellen für ihr Engagement und ihren Alltag zu geben. Sie konnten unter zehn Arbeitskreisen wählen, die Impulse zur Selbstvorsorge boten, aber auch kreative Möglichkeiten, um mit Sterbenden in Kontakt zu treten.

Die Rothenburger Märchenerzählerin Juliane Dehner gewährte Einblicke in fabelhafte Welten und Symbole, die gerade am Lebensende Orientierung, Stärkung und Unterstützung bieten können. Ähnlich, aber stärker psychologisch orientiert ging die Bamberger Trauerbegleiterin Anke Wagner auf „Beziehungslinien“ ein, die sie den Interessierten direkt mit Seilen vor Augen führte: Diese helfen auch beim Loslassen. 

Humor erleichtere auch die Kontaktaufnahme zu Sterbenskranken und bietet gleichzeitig den Helfenden Möglichkeiten eine heitere Geisteshaltung zu behalten. Clown und Heilpraktiker Andreas Weisser zeigte da Möglichkeiten auf. Ebenfalls führte Karin Simon in ihre Arbeit als Sterbeamme ein. Ihr ist es wichtig, dass die Engagierten die Selbstfürsorge nie aus den Augen verlieren sollten – und bot dazu Rituale an. 

Vergleichbares lässt sich beim „Waldbaden“ durch die heilsame Kraft der Bäume erfahren. In diese ursprünglich japanische Technik führte Armin Nögel ein. Vergleichbar positiv auf Körper, Geist und Seele wirkt sich auch ganzheitlicher Erlebnistanz aus, wie die Rothenburger Hospiz-Aktive Steffi Mönikheim zeigte. Daneben bietet die Tanzleiterin Sitztänze im Seniorenheim an. Ihre Mitstreiterin Sy Elisabeth Geis bot künstlerische Ausdrucksformen an, um auch ohne Worte zu kommunizieren und verbindende Symbole zu hinterlassen.

Dabei ist es für Menschen in der letzten Lebensphase wichtig, sich selbst noch einmal mitteilen zu können. Schwerhörigkeit behindert das massiv. Emmi Körner aus Sontheim bei Bad Windsheim lebt damit seit vielen Jahren. Dennoch ist sie unter anderem in der Hospizarbeit und als Lektorin sowie als ehrenamtliche Klinikseelsorgerin aktiv. Sie nutzt die Gebärdensprache, gab beim Hospiztag aber auch einfache Hilfestellungen für Kommunikation, die die akustischen Formen überschreiten.

Wege weit in die Welt hinaus zeigten die regional Engagierten des Wünschewagens vom Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland auf. Sie organisieren Fahrten für Sterbende, die noch einmal einen für sie besonderen Ort oder ein Erlebnis aufsuchen möchten. Sonst sind diese für bettlägerige oder nur mobilitätseinschränkte Menschen schier unmöglich zu erreichen.

Und direkt an der Tauber purzelten mehrere Wettringer Alpakas aus einem Anhänger und dem dazugehörigen Wagen. Die engen Verwandten der Lamas zeigten eindrücklich, wie „Tierbegleitete In­terventionen“ auch direkt am Ster­bebett gelingen können. Bereits vor Ort strahlten sie große Ruhe aus, obwohl sie erst gerade den Transport hinter sich hatten. Ihr Betreuer Frank Reu sieht keine Probleme da­rin, mit den Tieren auch mal mit dem Aufzug zum Sterbebett zu fahren. 

Zusammen mit seiner Mitstreiterin Isabell Johanngieseker bietet er nicht nur Wollprodukte aus der Zucht an, sondern auch Wanderungen für unterschiedliche Zielgruppen und eben Erlebniszeiten mit den Tieren. Wäre es da nicht einfacher, etwa ein Kaninchen oder eine Katze ins Hospiz zu bringen? Die Alpakas seien nicht nur sehr reinlich, sondern auch sehr empathisch. Jedes Alpaka habe seine unver­wechselbare Persönlichkeit, erklärt Tiertherapeutin Johanngieseker. 

Sie berichtet vom Hengst Chico, der auf einen Rollstuhlfahrer zuging, den sie zu den Alpakas auf die Weide gebracht hatten: Er ließ sich gerne von ihm streicheln. Doch nach einigen Treffen entfernte sich auch Chico. War sein Interesse erlahmt? „Jetzt brauchst du ihn nicht mehr“, erklärte Johanngieseker ihrem Gast. Er konnte nun selbst aktiv werden.

Zum Abschied betonte auch die Rothenburger Dekanin Jutta Holzheuer ebenso wie die politisch Verantwortlichen ihre Wertschätzung gegenüber den Hospizbewegten. Sie zeigte, wie die geschnitzten „Königskinder“ Ralf Knoblauchs, die derzeit im Dekanat unterwegs sind (siehe Ausgabe 21), „Würde als eine Spur Gottes in dieser Welt“ betonen. „Sie sichern die Würde sterbender Menschen und das macht Sie selbst zu königlichen Menschen, weil sie sich kümmern.“, rief sie den Engagierten zu.