Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern über Nachfolge
Seid so unter euch gesinnt, wie es der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht: Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt. Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz. Darum hat ihn auch Gott erhöht und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist, dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr ist.
Philipper 2, 5–11
Bei der Eingabe „Machen Sie Karriere“ werden in nur 0,26 Sekunden 396 Millionen Seiten im Internet vorgeschlagen. Da ist Arbeit an der eigenen Person angesagt, denn ein Ziel muss fixiert werden. Die eigene Begeisterung für die Idee und Vision ist maßgeblich, sowie das Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Man sollte auch nichts dem Zufall überlassen, denn zielstrebige Planung und Durchsetzungsvermögen sind das A und O. Die Ratschläge für eine Karriere sind vielfältig und ebenso die Berater.
„Seid gesinnt!“ Paulus fordert die Gemeinde in Philippi und heute uns auf, eine gemeinsame Denkrichtung einzunehmen, wie sie Jesus Christus angeleitet hat, und lenkt den Blick auf Christus. Dieser beginnt in der Herrlichkeit des himmlischen Vaters. Jesus nimmt für sich keine Besitzstandswahrung in Anspruch. Er, der göttliche Gestalt und auch göttliche Möglichkeiten hat, hält nicht daran fest, wie jemand, der seine Beute gierig an sich reißt und unter allen Umständen festhalten will. Stattdessen lässt er alle Vorteile los, legt Würde und Macht ab und verzichtet auf alles, was seine Position ermöglicht.
Er wird Mensch – einer wie wir. Auf Selbstverwirklichung kommt es ihm nicht an. In seinem Menschsein gibt er sich hin. Seine Liebe zu den Menschen bewegt ihm zum Dienen und eröffnet Räume zur Freiheit. Ein „Dasein für andere“ (Bonhoeffer) ist seine Lebensform. Der Kreuzestod ist nicht das Ende, sondern ein neuer Anfang, den Gott selbst setzt. Gott erhöht den gekreuzigten Jesus. Vor ihm sollen sich beugen alle Knie, ihn bekennen und bezeugen. Wie soll das gehen?
1989 begann ein Jugendpastor in Michigan (USA) in seiner Jugendgruppe ein Experiment. Vier Buchstaben „WWJD“, gefolgt von einem Fragezeichen auf einem Pin, sollten sich die Jugendlichen vor jeder Entscheidung ins Gedächtnis rufen, sich eben diese Frage zu stellen: „What would Jesus do?“ Was würde Jesus tun? Die Aktion dieser einzelnen Jugendgruppe war so erfolgreich, dass sie die ganze Welt im Eiltempo fast überschwemmte. Bis heute sieht man diese Armbänder.
Doch ich bin mir sicher, dass das Experiment für alle, die teilnahmen, eine Herausforderung war. Bewusst nach dem Handeln Jesu zu fragen und sich damit zum gekreuzigten Jesus zu bekennen war und ist nie einfach. Es ist nicht leicht, eine „Karriere“ in Demut und Bescheidenheit zu leben, die aber notwendig, heilsam und rettend wäre.
Christian Simon, Pfarrer in Velden und Mitglied der Landessynode