„Spontan heißt nicht unwichtig“

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Spontan-Hochzeit in der Schlosskirche in Neuburg an der Donau mit Vikarin Elisabeth Görnitz. Foto: epd/M
Spontan-Hochzeit in der Schlosskirche in Neuburg an der Donau mit Vikarin Elisabeth Görnitz. Foto: epd/M

Am 23. März 23 bietet ein Dutzend evangelischer Kirchen Trauungen und Segnungen an

Sogar ein Paar aus Kassel suchte den Kontakt mit der Rothenburger St. Jakobsgemeinde. Das berichtet Pfarrerin Claudie Schlottke. Gerade trifft sie zusammen mit Pfarrer Oliver Gussmann, mit Pfarrerin Heidi Wolfsgruber aus Uffenheim und Dekanatsjugendpfarrer Johannes Raithel aus Adelshofen-Tauberzell die letzten Vorbereitungen für das Projekt „einfach heiraten“. Die St. Jakobskirche in der Tauberstadt ist dabei eine von einem guten Dutzend Gemeinden, in denen am 23. März die Aktion stattfinden wird.

Das Paar aus Kassel fand die Infos über die Aktion online: Sie hätten während der Corona-Zeit standesamtlich geheiratet und die kirchliche Hochzeit immer wieder verschoben, so Schlottke. Dann kam schon ein Kind – und die Taufe fand vor der kirchlichen Trauung statt. Diese wollen sie nun nachholen. Sie haben sich nun zu einer festen Uhrzeit am 23. März in der Tauberstadt angemeldet. Es gab bereits weitere Anfragen im Vorfeld.

Segensreiche Kirchen 

Von 14 bis 21 Uhr stehen dort die St. Jakobskirche und das Jakobsschulhaus offen, um eine niedrigschwellige kirchliche Hochzeit oder eine Segenshandlung anzubieten. Wer bereits standesamtlich verheiratet ist, wird kirchlich getraut. Andere Paare und Jubilare erhalten einen kirchlichen Segen. 

Nach einem ungefähr halbstündigen vorbereitenden Gespräch im Jakobsschulhaus und dem Ausfüllen einiger unvermeidlicher Formulare gehe es dann sofort an den Traualtar. Auch Kantorin Jasmin Neubauer ist vor Ort, um den Tag musikalisch feierlich mitzugestalten. Bei jeder der rund 20-minütigen Segensfeiern spielt sie die Orgel. Ein Eingangs- und ein Schlussspiel umrahmen die Gottesdienste, dazwischen ist ein Wunschlied möglich. Es stammt aus einer Liste an Vorschlägen, aber Neubauer hat natürlich ansonsten ein breites spontanes Repertoire. 

Mit Blumenschmuck ist die St. Jakobskirche festlich ausgestaltet, eine Mesnerin ist ebenso anwesend wie Richard Rummel vom Rothenburger Fotoclub. Er kann auf Wunsch die feierliche Stunde zum Selbstkostenpreis verewigen.

Idee aus Neuburg

Die Idee hatte Vikarin Elisabeth Görnitz in Neuburg an der Donau. Vor wenigen Monaten hatte sie im Rahmen eines Gemeindeprojektes Spontanhochzeiten in der Schlosskirche angeboten. Es kamen sechs Brautpaare, meist mittleren Alters und bereits standesamtlich getraut. 

 In der bayerischen evangelischen Landeskirche gilt das Gemeindeprojekt als erfolgreich, weshalb die Service-Stelle Segen es aufgegriffen hat und nun bayernweit anbietet. Im Rahmen einer Zukunftswerkstatt der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Bayern, an der auch die Rothenburger Pfarrerin Claudie Schlottke teilnahm, wurde es überregional empfohlen. 

Es gäbe zwei gegenläufige Trends bei Hochzeiten, so Schlottke: Einmal immer aufwendigere Feiern und gleichzeitig ein starkes Interesse, der Verpflichtung dazu aus dem Weg zu gehen. „Wir hatten Lust auf eine schöne Aktion“, mit der sich Barrieren abbauen lassen, ergänzt sie. Das eingängige Hochzeitsdatum am 23.3.23 soll ein Angebot für Paare sein, die sich im kleinen Rahmen und unkompliziert Gottes Segen für ihre Beziehung geben lassen wollen.

So soll es nun bayernweit mehr Paaren gehen wie Phillip und Cornelia Heidegger aus Augsburg. Sie sind seit über 20 Jahren zusammen – und seit mehr als zehn Jahren standesamtlich verheiratet. Für die kirchliche Hochzeit aber war einfach keine Zeit: Ihre drei Kinder kamen auf die Welt, beruflich gab es viele Veränderungen. Dann hörten sie davon, dass in der Schlosskirche in Neuburg an der Donau Spontanhochzeiten angeboten werden. Dort fuhren sie dann eigens hin.

Erst hätten sie darüber nur Spaßes halber diskutiert, berichtet Heidegger. Am Abend vorher hätten sie dann doch ein langes und intensives Gespräch geführt: „Weil etwas spontan und unkompliziert ist, heißt es ja nicht, dass etwas weniger wichtig ist“, erzählt er weiter. Zum Tag der Trauung kamen sie gut gekleidet, auch eines der Kinder war dabei. Es sei wie eine Bestätigung und ein Versprechen gewesen, „dass wir die Beziehung weiterführen wollen, dass wir ein Leben lang zusammenbleiben wollen – auch im veränderten Kontext“, erläutert er. Und: „Ich habe mich sehr verbunden mit meiner Frau gefühlt, weil wir es spontan gemacht haben und es etwas ganz Besonderes war.“

Segnung oder Trauung

Diese Segensfeier ersetzt nicht die standesamtliche Eheschließung. Paare, die sich eine kirchliche Trauung und den entsprechenden Eintrag in die Kirchenbücher wünschen, können die erforderlichen Unterlagen – also die Urkunde von Standesamt und den Nachweis, dass wenigstens einer der beiden evangelisch ist – mitbringen oder auch nachreichen. Erst seit dem Konkordat von 1871, das eine Trennung von Kirche und Staat gestaltete, brauchen Paare zusätzlich zur kirchlichen Trauung den staatlichen Trauschein. Vorher waren die Eheleute allein durch den kirchlichen Segen vor Gott legitimiert. Einen Dispens von katholischer Seite, sollte das Paar gemischt konfessionell sein, sei an diesem Tag nicht nötig, so die bayerische Landeskirche. 

Ausdrücklich willkommen seien auch LGBT-Paare oder Ehejubilare. Die Zeit der Partnerschaft muss dafür etwa für Pfarrerin Claudie Schlottke nicht rund sein. Zum Beispiel seien auch 24 Jahre Ehe eine gute, segenswerte Zeit. Selbst Menschen, die nicht Mitglied einer Kirche seien, könnten den Segen Gottes erhalten. 

An der Aktion nehmen auch mehrere Regionalbischöfe und -bischöfinnen teil: So Axel Piper in der Augsburger St. Annakirche, Elisabeth Hann von Weyhern in der Nürnberger Egidienkirche und Christian Kopp in der Münchener Christuskirche. Auch in Regensburg steht Regionalbischof Klaus Stiegler für Trauungen bereit: „Beim kirchlichen Segen thematisiert sich für uns als Kirche sehr viel“, sagt er. 

In diesen Kirchen ist am 23. März die Aktion „einfach heiraten“ möglich: Rothenburg o. d. T., St. Jakobskirche; Kalbensteinberg, Rieterkirche; Nürnberg, St. Egidien/St. Wolfgangskapelle; Wendelstein, St. Georgkirche; Thurnau, St. Laurentius; München, Christuskirche; Traunstein, Auferstehungskirche; Regensburg, Dreieinigkeitskirche; Memmingen, Kinderlehrkirche; Augsburg, St. Anna; Bad Gögging, Kurkirche Heilig Geist; Neuburg/Donau, Schlosskirche. 

Mehr: https://segen.bayern-evangelisch.de/einfachheiraten.php. Teils auch unterschiedliche Zeitfenster!