Zusagen Jesu in einer zerstörerischen Zeit

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Editorial im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern von Susanne Borée gegen Angst und Perspektivlosigkeit

Das Gleichnis von den anvertrauten Talenten (Matthäus 25, 14–30) beschäftigte uns intensiv. Zum Jahreswechsel war ich bei einer Tagung in der niedersächsischen Woltersburger Mühle: Dort las eine Gruppe von Menschen mit ganz unterschiedlicher Prägung weite Teile aus dem Matthäusevangelium und kam darüber ins Gespräch.  

Während der Tage wuchs die Gruppe zusammen: Nur die Bibel und wir und dazwischen Spaziergänge mehr oder weniger im Sturmtief. Die meisten von uns empfanden gerade dies Gleichnis als völlig ungerecht. Das hängt schon an der doppelten Bedeutung des Begriffs „Talente“ als damalige Währungseinheit, aber auch als Begabung. Gleichzeitig ist gesagt, dass „jedem nach seiner Tüchtigkeit“ gegeben wurde.

Der Knecht, dem nur ein Talent gegeben war, vergrub es aus „Furcht“ vor dem Herrn anstatt damit zu arbeiten. Das könnte ja auch schiefgehen. Eine psychologisch fitte Teilnehmerin wies darauf hin: Gerade Traumata können Menschen dermaßen blockieren, dass sie sich nicht mehr entfalten können. Noch ungerechter?

Die Zeit des Matthäus war wahrhaft traumatisierend, kurz nach dem 1. Jüdischen Krieg voller Gewalt, Hass und Elend, voller Besessenheit und Perspektivlosigkeit. Es war eine Zeit der religiösen Neuorientierung nach der Zerstörung der Jerusalemer Tempels auch in der Mehrheitsgesellschaft.  Doch waren gute Traditionen umfassend gegenwärtig und gaben Kraft. Gleichzeitig betonte Matthäus den Jesus der Bergpredigt. Den Jesus, der Kinder und die kleinen Leute in den Mittelpunkt stellt. 

Und dann am Ende des Gleichnisses von den Talenten stand fast zusammenfassend: „Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden“ (25, 19). Diesen Satz hat Matthäus schon inmitten der Auslegung zum Sinn der Gleichnisse (13, 12) formuliert. Aber auch: „So werden die Ersten Letzten, und die Ersten werden Letzte sein“ (20, 16).

Was bringt es für mein Leben, in diese Texte einzutauchen? Wie lassen sich Lähmung und Blindheit überwinden, die mich blockieren? Vielleicht mit der Zusage, die als letztes Wort die Botschaft beschließt: „Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“ (28, 20 b). Und dies in weitaus schwierigeren Zeiten als bei den Verunsicherungen, mit denen wir ins neue Jahr gehen.