Warum Gutes tun?

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Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern über gegenseitiges Lastentragen

Wenn wir im Geist leben, so lasst uns auch im Geist wandeln. Lasst uns nicht nach eitler Ehre trachten, einander nicht herausfordern und beneiden. Brüder und Schwestern, wenn ein Mensch etwa von einer Verfehlung ereilt wird, so helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist, ihr, die ihr geistlich seid. Und sieh auf dich selbst, dass du nicht auch versucht werdest. Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. Gott lässt seiner nicht spotten. Was der Mensch sät, das wird er ernten. Lasst uns aber Gutes tun und nicht müde werden; denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten, wenn wir nicht nachlassen. Solange wir noch Zeit haben, lasst uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen.

Aus Galater, 5, 25–6, 10

Paulus, der Verfasser des Galaterbriefes, hat die Menschen in tiefer Weise gekannt und erkannt. Der alte Adam und die alte Eva neigen dazu nach eitler Ehre zu trachten, einander herauszufordern und zu beneiden. Gerade in der gegenwärtigen Situation mag es beruhigend sein, über Besitz und Rücklagen zu verfügen. Der eine kann das Auto einfach für einen ausführlichen Wochenendtrip aus der Garage holen und auftanken. Der andere muss schon beim Einkaufen im Supermarkt genau auf die Preise schauen. 

Wenn man sich selbst gegenüber ehrlich ist, dann wird es nur sehr wenige geben, die diese Gefühle und Bestrebungen nicht in sich finden: Mehr zu haben, wichtiger und besser als die anderen zu sein.

Paulus spricht dagegen vom Heiligen Geist. Der Geist ist der Tröster, die Gotteskraft. Sie wirkt in dem Raum, in dem die Glaubenden sich in tiefer Weise zu Christus gehörig fühlen, sich gleichsam in den dreieinigen Gott „hineinbeten“. 

Das ist eine Lebensaufgabe, denn man wird doch leicht müde beim Tun des Guten und auch die Herausforderung, sanftmütig und freundlich mit dem anstrengenden anderen umzugehen, ist nicht immer zu bewältigen. Der alte Adam und die alte Eva wollen jeden Tag neu die Herrschaft übernehmen, auch wenn das keine Zukunft hat, schon gar nicht für die Ewigkeit.

Was kann herausführen? Der tägliche Kontakt, Gebet, Stille, Gemeinschaft und Gottesdienst, alles, was den Alltag unterbricht. So mache ich mich bereit, dass Gott mir seinen Geist schenkt, der zu Großzügigkeit und Hilfsbereitschaft bewegt.

Das lässt sich einüben, wenn man auf den Satz hört: „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen“. Jemand ist verzagt und zweifelt an sich selbst. Ich kann ihm sagen, was ich an ihm oder ihr Gutes und Besonderes finde. Ein anderer ist gefangen in einem Hamsterrad von beruflichen und familiären Verpflichtungen. Ich kann ihm oder ihr ein kleines Stück tatsächlich anstehender Arbeit abnehmen. Jemand ist arm und wird gerade noch ärmer. Ich kann Geld geben oder für ihn einkaufen.

So lange wir noch Zeit haben, Gutes zu tun, ist das die bessere Möglichkeit ein Leben zu gestalten. 

Dr. Edda Weise,

Vorstandsvorsitzende Pfeiffersche Stiftungen Magdeburg

und frühere Dekanin in Würzburg