Der Weg zur Freude

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Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern zum Ewigkeitssonntag von Regionalbischöfin Dorothea Greiner

Die Andacht zum Hören:

 

Und zum Nachlesen:

So spricht der Herr: siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird. Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe. Denn siehe, ich will Jerusalem zur Wonne machen und sein Volk zur Freude, und ich will fröhlich sein über Jerusalem und mich freuen über mein Volk. Man soll in ihm nicht mehr hören die Stimme des Weinens noch die Stimme des Klagens. Es sollen keine Kinder mehr da sein, die nur einige Tage leben, oder Alte, die ihre Jahre nicht erfüllen.

aus Jesaja 65, 17–25

Im diesem Frühsommer habe ich eine Trauerfeier gestaltet, weil in einer Familie ein Kind sterbend zur Welt gekommen war. Die Beerdigung meiner Schwester begingen wir Anfang November. Sie starb an einer stillen, unerkannten Lungenentzündung. „Es sollen keine Kinder mehr da sein, die nur einige Tage leben, oder Alte, die ihre Jahre nicht erfüllen“. Was wir erleben, ist oft das Gegenteil von dem, was der Prophet Jesaja beschreibt. 

Als unser Bibelwort entstand, waren Kindersterblichkeit und das frühe Ableben Erwachsener Alltag. Gerade wegen des Kontrastes zur gegenwärtigen Erfahrung hat diese Willenserklärung Gottes Menschen Jahrhunderte lang beschäftigt – auch den Schreiber des letzten Buches der Bibel, der Offenbarung. Was unser Bibelwort noch in die Zukunft setzt, erkennt dieser Schreiber schon als verwirklicht: „Ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde.“ In seiner Vision schaut er in den Himmel und sieht das neue Jerusalem, in dem „kein Leid noch Geschrei noch Schmerz“ mehr ist.

Ungefähr mit zehn oder zwölf Jahren, ich war noch ein Kind, hatte ich nachts einen Traum. Ich war in einem Licht, das ich nicht beschreiben kann, es war stark doch nicht grell, warm und einladend doch unbeschreiblich kraftvoll strahlend. Und ich hörte Musik, wie ich sie noch nie gehört habe und nicht beschreiben kann. Danach wachte ich auf, völlig erfüllt mit Freude und wusste: Ich war im Himmel. 

Das ist 50 Jahre her – aber eine wache Erinnerung in mir. Ich habe von diesem Traum nie öffentlich erzählt – erst in diesem Jahr bei jener Trauerfeier, als mir Kinder gegenüber saßen, die ihr Geschwisterchen betrauerten.

Beim Erzählen kämpfte ich selbst mit den Tränen, weil diese Wirklichkeiten kontrastreicher nicht sein könnten: unbeschreiblicher Schmerz angesichts des Todes und die Ahnung unbeschreiblicher Freude angesichts des Lebens, das uns erwartet und umgibt. 

Gerade wenn Schmerz und Trauer überhand nehmen, brauchen wir solche Kontrastgeschichten, die Vertrauen wecken, dass der Tod nicht das Letzte ist. 

Schreien und Sterben, Trauern und Mitleiden gehören zu diesem Leben. Und doch sagen uns diese biblischen Geschichten, dass Gott mit uns einen Weg gehen will. Und das ist der Weg hin zur Freude. „Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe … und ich will … mich freuen über mein Volk.“

Erstaunlich ist in unserem Bibelwort, dass es eine Bewegung in Gott selbst beschreibt: Gott, der mit seinem Volk – mit uns – leidet, will selbst hin zur Freude. Der Weg zur Freude ist auch sein Weg, den er mit uns zusammen geht.

Regionalbischöfin Dr. Dorothea Greiner, Bayreuth

Gebet:

Vater im Himmel, Du naher Gott. Du gehst mit uns durchs Leid

zur Freude. Dich beten wir an.  Amen.

Lied 398:

In dir ist Freude