Eine Erinnerung, die verändert

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Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt über die Barmherzigkeit Gottes

Die Andacht zum Hören:

 

Und zum Nachlesen:

Herr, der du bist vormals gnädig gewesen deinem Lande und hast erlöst die Gefangenen Jakobs; der du die Missetat vormals vergeben hast deinem Volk und alle seine Sünde bedeckt hast; der du vormals hast all deinen Zorn fahren lassen und dich abgewandt von der Glut deines Zorns; hilf uns, Gott, unser Heiland und lass ab von der Ungnade über uns! Willst du denn ewiglich über uns zürnen und deinen Zorn walten lassen für und für? Willst du uns denn nicht wieder erquicken, dass dein Volk sich über dich freuen kann? Herr, erweise uns deine Gnade und gib uns dein Heil! Könnte ich doch hören, was Gott der Herr redet,  dass er Frieden zusagte seinem Volk und seinen Heiligen, damit sie nicht in Torheit geraten. Doch ist ja seine Hilfe nahe denen, die ihn fürchten, dass in unserm Land Ehre wohne; dass Güte und Treue einander begegnen, Gerechtigkeit und Friede sich küssen; dass Treue auf der Erde wachse und Gerechtigkeit vom Himmel schaue; dass uns auch der Herr Gutes tue, und unser Land seine Frucht gebe; dass Gerechtigkeit vor ihm her gehe und seinen Schritten folge. 

Psalm 85

In der Vergangenheit Erlebtes kann etwas sehr Schönes sein.  In der Familie rufen wir uns solche Ereignisse immer wieder in Erinnerung. Es sind humorvolle Geschichten, die wir uns erzählen, obwohl alle sie kennen – oder erzählen wir sie gerade deswegen so gerne? Gemeinsame gute Erinnerungen sind ein wertvoller Schatz, der unser gegenwärtiges Leben bereichert. 

Der Beter des Psalms erzählt auch von einem bereichernden Schatz aus der Vergangenheit. Eine großartige Erfahrung: Gott ist gnädig gewesen, er hat die Gefangenen erlöst, alle Sünden sind wie weggewischt!  

Diese Erinnerung an Gottes Gnade gibt dem Beter des Psalms Hoffnung für die Zukunft. Fast macht es den Eindruck, dass er mit Gott verhandeln will. So als wollte er sagen: Schau, wie gnädig du schon einmal gewesen bist. Damals hast du Gnade walten lassen, du hast deinen berechtigten Zorn gegenüber deinem Volk zurückgenommen.

Ich bin sicher, dass Gott nicht an seine eigene Barmherzigkeit erinnert werden muss. Genau so sicher bin ich aber, dass wir uns daran erinnern sollten. Wir brauchen immer wieder diese Erinnerung. Ja, Gott ist gnädig. Das ist die reformatorische Erkenntnis Luthers: allein der Glaube und Gottes Gnade sind entscheidend. Wir können uns Gottes Liebe gar nicht verdienen – selbst, wenn wir es wollten. Sie ist ein großes Geschenk!

Die Erinnerung an die Güte und Barmherzigkeit Gottes verändert uns. Das Erlebte strahlt aus in unser Leben und darüber hinaus. Mit großen Worten beschreibt der Psalm diese Veränderung: Güte und Treue werden sich begegnen, Gerechtigkeit und Friede sich küssen. Was für ein wunderbares Bild!  Diese Veränderung hat Konsequenzen für das Zusammenleben der Menschen. Und ich frage mich: Wie sieht mein Leben, wie sieht ein Land aus in dem sich Gerechtigkeit und Friede küssen und Güte und Treue einander begegnen? Vielleicht müssen wir manchmal daran erinnert werden, dass wir einen Auftrag haben. 

Siglinde Meyer, Religionspädagogin im Schuldienst, München

Lied 634:

Lass uns in deinem Namen Herr

Gebet:

Barmherziger Gott, deine Güte und Barmherzigkeit begleiten mich. Sie sind mir Ermutigung und Auftrag. Lass mich die nötigen Schritte tun. Amen.