Vertröstung statt Impfung

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Martin Bek-Baier
Chefredakteur Martin Bek-Baier, Hintergrundbild von Pixabay

Editorial über Corona-Impfungen von Martin Bek-Baier, Chefredakteur beim Evangelischen Sonntagsblatt

Rosenheim, Bad Tölz, Berchtesgaden – während diese oberbayerischen Alpenlandkreise alle ihre eigenen Krimiserien haben, scheint man den Landkreis Traunstein vergessen zu haben. Und schlimmer noch: nicht nur beim Fernsehkrimi, sondern auch bei einem ganz realen Krimi: dem Impfkrimi. Seit Ende Dezember versuchte meine 89-jährige Mutter vergebens einen Corona-Impftermin zu bekommen. Wie viele Senioren hing sie stundenlang am Telefon, kam entweder nicht durch, oder wurde vertröstet, sie solle in einer Woche wieder anrufen. Auch unsere Versuche, einen Termin für sie im Internet zu bekommen, scheiterten. „Keine Termine vorhanden!“

Während man mit Staunen lesen konnte, dass die bayerische Staatsregierung meldet, die Senioren in Bayern seien – vor allem – in den Heimen „durchge-impft“, und der katholische Bischof von Augsburg auch schon geimpft sei, und dass sich „Großkopferte“ allerorten vorgedrängelt haben, warten viele Senioren vergebens auf einen Termin. Beim Schreiben dieser Zeilen, erreichte mich dann die frohe Kunde, dass meine Mutter nun Ende Februar doch den Termin zur ersten Impfung bekommen hat. Nach zwei Monaten.

Derweil kommt aus Israel die äußerst erfreuliche Botschaft: Eine Studie des dortigen Gesundheitsministeriums hat ergeben, dass der Biontech-Impfstoff aus Deutschland die Virusübertragung weitgehend stoppt. Gleichzeitig konnten schwere Verläufe und Tode fast komplett verhindert werden. 

Israel ist beim Impfen sehr viel weiter als Europa. Gleichzeitig ist dort zum Zeitpunkt der Erhebung schon die Virus-Mutante dominant gewesen. Das ist ein Lichtblick in der Pandemie: Mit dem Biontech-Impfstoff gibt es einen Weg raus aus der Krise. Uns hier in Deutschland steht jetzt trotzdem aller Wahrscheinlichkeit nach erstmal eine dritte Welle bevor, aber wir können hoffen, dass es dann auch die letzte war. 

So verständlich und menschlich es ist, zuerst an die eigenen Menschen zu denken, so ist es aus christlich-ethischer Perspektive wichtig, die Menschen in den armen Ländern der Welt schnellstmöglich ausreichend Impfstoff zukommen zulassen. Einerseits sind Menschenleben weltweit gleichviel wert. Und andererseits sitzt die Menschheit bei einer Pandemie in einem Boot. Eine humanitäre Katastrophe muss vermieden werden.