Andacht: Für uns

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Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Und es begab sich, dass er am Sabbat durch die Kornfelder ging, und seine Jünger fingen an, während sie gingen, Ähren auszuraufen. Und die Pharisäer sprachen zu ihm: Sieh doch! Warum tun deine Jünger am Sabbat, was nicht erlaubt ist? Und er sprach zu ihnen: Habt ihr nie gelesen, was David tat, da er Mangel hatte und ihn hungerte, ihn und die bei ihm waren: wie er ging in das Haus Gottes zur Zeit des Hohenpriesters Abjatar und aß die Schaubrote, die niemand essen darf als die Priester, und gab sie auch denen, die bei ihm waren? Und er sprach zu ihnen: Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen. So ist der Menschensohn Herr auch über den Sabbat. 

Markus 2, 23–28

„Würde Jesus Mundschutz tragen?“ – darüber können Christen heute trefflich streiten. Für die einen ist klar: Jesus hätte die staatlichen Gesetze ernst genommen, dem „Kaiser gegeben, was des Kaisers ist“. Andere sehen Jesus genau auf der anderen Seite: er hätte Gesicht gezeigt und Nähe zu Erkrankten gesucht. Wie geht Jesus mit dem Gesetz um? Wie sieht er zentrale Gebote? Darüber geht es im Predigttext für diesen Sonntag: 

Die Szene wirkt wie ein Schulausflug. Es ist gute Stimmung. Als die Schüler mit ihrem Lehrer an einem Kornfeld vorbeilaufen, reißen einige Ähren aus, kauen darauf herum, manche aus Langeweile, manche wegen ihres Hungers. Ein Pharisäer spricht Jesus auf das Fehlverhalten der Jünger an. Jesus antwortet dem Schriftgelehrten mit einer Geschichte von David aus der Heiligen Schrift, bei der er seinen Hunger mit Schaubroten aus dem Tempel stillte: Brote, die dafür bestimmt nicht gedacht waren.

Jesus zeigt klar, wie er das Gesetz sieht und wen er hinter diesem Gesetz sieht: Das Gesetz ist dafür da, damit das Leben der Menschen gelingt. Dahinter steht ein menschenfreundlicher Gott, der eines will: Gelingendes Leben für die Menschen! In Weisheit 11,24+26 ist das auf den Punkt gebracht: „Denn du Gott, liebst alles, was ist, und verabscheust nichts von dem, was du gemacht hast. … Du schonst aber alles, denn es ist dein, Herr, du Liebhaber des Lebens.“

Jesus sieht Gott mit seinem menschenfreundlichen Wesen und versteht aus der Perspektive das Gesetz ganz neu: „Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen.“ Die ursprüngliche Bedeutung des Sabbats kommt so in den Mittelpunkt. Der Ruhetag ist ein Tag der Ausrichtung auf Gott, ein Tag des Gottesdienstes! Eberhard Jüngel sieht im Gottesdienst am Ruhetag eine „Unterbrechung des weltlichen Lebenszusammenhangs“ und „Anteilgabe an der Gegenwart Gottes“. Wir kränken Gott nicht, wenn wir den Ruhetag nicht einhalten. Gott braucht das nicht für sich. Wir brauchen diese Unterbrechungen des Alltags, um die Beziehung zu Gott zu pflegen, um das eigene Leben auszurichten an dem, was dem Leben dient. Jesus stellt mutig in Frage, wo sich Gesetze verselbständigt haben, rückt sie in den ursprünglichen Zusammenhang: Gesetze sind da, damit Leben gelingt.

Dekan Jörg Hammerbacher, Weilheim